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Archiv-Artikel

portrait Menschenfreund im Trierer Rathaus

Stabile Schuhe und gute Nerven für die Ochsentour durch alle 906 Straßen von Trier, damit hat Klaus Jensen im ersten Wahlgang das Rathaus der Bischofsstadt an der Mosel erobert. Die traditionell konservativen Trierer wählten den 53-Jährigen zum neuen Oberbürgermeister. Er wird Helmut Schröer (CDU) im April 2007 ablösen, der nach 18 Jahren im Amt in den Ruhestand geht. Dann wird Trier erstmals seit Gründung der Bundesrepublik nicht mehr von einem Christdemokraten regiert.

Jensen, obwohl SPD-Mitglied, kandidierte als Unabhängiger und holte 66,9 Prozent Stimmen. Er wurde allerdings von SPD und Grünen unterstützt, manchmal mehr, als es seinem Status als Parteilosem entsprach. Die Bundesparteien schickten ihre Chefs, Kurt Beck und Reinhard Bütikofer. Dafür musste Jensen sich immer wieder rechtfertigen. Er galt im Wahlkampf als pragmatischer Erneuerer. Sein Gegner, CDU-Chef Ulrich Holkenbrink, firmierte als Bewahrer. Er hatte auch in der eigenen Partei einen schweren Stand und holte nur 33,1 Prozent. Viele CDU-Wähler blieben daheim.

Jensen, leicht angegrauter Bart, strahlendes Lächeln, Vater von drei Kindern, war unermüdlich im BürgerMobil getingelt, geradelt, mit dem Boot gefahren, seinen Smiley mit dem zum Lachmund stilisierten „J“ am Revers. Er kämpfte vehement gegen sein Image als endloser Ausdiskutierer an, der als Rathauschef zu entscheidungsschwach sei. Unterstützt wurde er auch von der Familie: Er ist mit der Trierer SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer, der Sozialministerin von Rheinland-Pfalz, in zweiter Ehe verheiratet.

Der gebürtige Duisburger lernte Großhandelskaufmann, leistete Zivildienst in einer Obdachlosensiedlung und studierte Sozialarbeit in Düsseldorf. Er kam 1976 nach Trier, arbeitete als Sozialplaner bei der Stadtverwaltung und dann als freiberuflicher Dozent und Unternehmensberater unter anderem für Krankenhäuser und Wohlfahrtsverbände. 1994 wurde er Staatssekretär im Mainzer Sozialministerium und daneben Landesbehindertenbeauftragter. Dieses Amt legte Jensen 1999 wegen der schweren Erkrankung seiner ersten Frau nieder. Nach deren Tod 2001 widmete er sich als Vorstand der nach ihm benannten Stiftung, die sich für internationale Projekte der Gewaltprävention, Mediation und Versöhnung engagiert.

In der Stadtpolitik setzt er auf mehr Bürgerbeteiligung, umweltfreundliche Verkehrswege und den Ausbau der Schulen. In seiner Freizeit spielt er Basketball, ist Fußballfan und hat zahlreiche Ehrenämter. „Nicht aus überhöhtem Idealismus“, sagt er, sondern „weil es einfach Spaß macht, Probleme zu lösen“. HEIDE PLATEN