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Archiv-Artikel

portrait Überlebenskünstler vor der Wiederwahl

Emomali Rachmonow ist der jüngste Präsident Zentralasiens und hat unbestreitbar die buschigsten Augenbrauen. Am Sonntag darf ihn sein Volk unter kritischer OSZE-Beobachtung wieder mit 90 Prozent in einem für Zentralasien typisch demokratischen Akt wiederwählen. Er wird sechs Gegenkandidaten haben, die keiner kennt, und die zusammen wohl drei Prozent der Stimmen erringen werden.

Heute hat Rachmonow noch die Möglichkeit, dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Rahmen von dessen Zentralasientour den kürzlich fertig gestellten Palast des Volkes in Duschanbe zu zeigen. Eine dreistellige Millionensumme soll der aus Marmor und Stein errichtete Wunderbau gekostet haben, ein bisschen weniger als das jährliche Budget des bitterarmen Staates an der afghanischen Grenze.

Der tadschikische Bürgerkrieg hat aus einem unbedeutenden Provinzkommunisten aus dem südtadschikischen Dorf Dangara den „Vater der Nation“ und den „Bewahrer des Friedens“ gemacht: ein ansehnlicher Aufstieg für den 1954 geborenen Tadschiken und ehemaligen Matrosen der sowjetischen Pazifikflotte. Der stämmige Mann ist verheiratet und Vater von neun Kindern, von denen ein Großteil mit viel Erfolg am Geschäftsleben in Tadschikistan teilhat.

Rachmonow ist ein Überlebenskünstler – eine Kunst, die die starken Männer seiner Umgebung nicht so gut beherrschen. Die meisten seiner früheren Mitstreiter sitzen wegen Hochverrats im Gefängnis. Viele der ehemaligen Feldkommandanten, die ihn 1994 zum Präsidenten gemacht haben, sind in den letzten Jahren eines gewaltsamen Todes gestorben.

1997 beendete Rachmonow mit dem Chef der Vereinigten Tadschikischen Opposition und späteren Vorsitzenden der Partei der Islamischen Wiedergeburt, Abdullo Nuri, den fünfjährigen Bürgerkrieg. Tadschikistan ist aufgrund des Friedensvertrages das einzige Land Zentralasiens, in dem eine islamische Partei legal tätig sein kann. Seither wird dem Präsidenten von einem Großteil der Bevölkerung zugute gehalten, dem Morden ein Ende gesetzt und eine gewisse Sicherheit wiederhergestellt zu haben.

Jedoch hat Rachmonow die im Friedensvertrag versprochene Machtteilung mit der Opposition faktisch einkassiert. Er verzichtet zwar auf persönliche Denkmäler, dafür hat er dem von ihm verehrten Sha Ismoil, einem mittelalterlichen König aus Buchara, die Rückseite auf den Geldscheinen und ein Denkmal gewidmet, das den zentralen Platz in der Hauptstadt überragt. Das königliche Antlitz des Denkmals und auf den Geldscheinen hat jedoch wie der Präsident buschige Augenbrauen. MARCUS BENSMANN