portrait : Meister der Personalführung
Er fühlt sich pudelwohl in diesen WM-Tagen, der Trainer der deutschen Handballnationalmannschaft. Heiner Brand scheint zu genießen, was sich derzeit rund um sein Team abspielt. Als die Mannschaft nach dem Halbfinalsieg gegen Frankreich im Mannschaftshotel in Wiehl ankam, wurde sie von mehreren hundert Menschen begeistert empfangen. „Wir wollen den Heiner sehen“, skandierten sie immer wieder. „Die kennen mich halt“, sagte Brand gestern, „ich wohne ja gleich hier um die Ecke.“
Das Oberbergische ist die Heimat des Bundestrainers. Hier hat er seine größten Erfolge als Vereinsspieler, seine ersten Erfolge als Trainer gefeiert. 1978 wurde der Defensivspezialist Weltmeister mit der Bundesrepublik. Mit dem VfL Gummersbach gewann er unzählige nationale Titel, holte den Europapokal der Landesmeister. Er hätte die Möglichkeit gehabt, seinen Ruhm in einem großen Verein zu versilbern. Doch er blieb im Bergischen. Er selbst bezeichnet sich als konservativen Menschen. Als Trainer ist er jedoch alles andere als ein Bewahrer. Vor zehn Jahren ist er Bundestrainer geworden. Und nicht wenige haben gestaunt über seine Art zu arbeiten. Die Spieler mussten sich auf völlig neue Übungselemente einstellen. Handballer, die schon lange bei der Nationalmannschaft sind, schwärmen heute noch von den Brand’schen Trainingseinheiten. „Wir wissen, dass wir da noch etwas lernen können“, sagt Florian Kehrmann, der erfahrene Rechtsaußen. Der Erfolg hat dem Trainer Brand bislang Recht gegeben. 2004 wurde Deutschland Europameister, gewann die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Athen.
Danach startete er einen Neuaufbau. Erstmals bekam der 53-Jährige Gegenwind zu spüren. Niemand wollte seinen Spielern, die in der Bundesliga oft nur die Zweitbesetzung hinter internationalen Stars sind, Konkurrenzfähigkeit bescheinigen. Ihm wurde ein sportliches Desaster prophezeit. Über Vergangenes will der Trainer nicht mehr sprechen. Er weiß, was er geschafft hat. Aus einem großen Fundus von Spielern hat er ein Team geformt, aus dem so gut wie nie Misstöne zu vernehmen sind. Keiner ist beleidigt, weil er mit seinen Einsatzzeiten nicht zufrieden ist. Heiner Brand ist ein Meister der Personalführung.
Er deutet an, was sich in der Bundesliga ändern muss, um dem Erfolg der WM ein wenig Nachhaltigkeit zu verleihen. Er kritisiert, dass es in der deutschen Eliteliga keine Ausländerbeschränkung gibt. Nach der WM will er noch deutlicher werden. Bis dahin freut er sich über die Handballeuphorie im Lande – mit oberbergischer Zurückhaltung: „Es macht stolz, dass wir das bewirken konnten.“ ANDREAS RÜTTENAUER