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Archiv-Artikel

peter unfried über Charts Männer, jetzt sind wir gefordert

Unsere Frauen regieren das Land. Das heißt: Sie moderieren es. Aber Sex mit ihnen ist out. Ist das richtig?

FRÜHER. „Ich hol mir noch so ein süßes Teil.“

– „Das Brünette von vorhin?“

– „Hohohoho.“ (Männer)

HEUTE. Noch nie haben so viele Frauen so viel Macht gehabt in der Geschichte unseres Mutterlandes. Früher bestimmten die Frauen nur optisch die Seite 1 von Bild. Jetzt bestimmen sie das Land. Indem sie es moderieren. Hat der große Schirrmacher in der FAZ geschrieben.

Sex mit Frauen ist allerdings out. Hat der große Seidl in der FAS geschrieben. Man muss selbst kein Kulturchef sein, um jetzt die dritte und hoffentlich steilste These hinzukriegen. Wir Männer wollen keinen Sex mit einem Geschlecht, das uns regiert! Es wäre zumindest historisch konsequent: Wir wollten ja auch keinen Sex mit Kaiser Wilhelm, Adenauer oder Dr. Kohl.

Wir mittelalten Männer sind sowieso schon immer müde, besoffen und können nicht abschalten (den Fernseher). Und nun sind wir auch noch in allen Lebensbereichen umzingelt von Chefinnen. Sabine Christiansen. Friede Springer. Elke Heidenreich. Politik, Wirtschaft, Bücherverkauf: Alle Betriebe sind in Moderatorinnenhand.

Habe bei Männern nachgefragt: Würden Sie Sabine Christiansen von der Bettkante stoßen? Die einstimmige Antwort muss hier wegen des Schutzes ihrer Privatsphäre entfallen. Generell sollte aber jede Frau Michael Douglas ernst nehmen, der nicht einmal mehr mit Demi Supersexgöttin Moore Sex haben konnte, nachdem sie seine Chefin war. (Nur bisschen blasen.)

Die „No sex“-Stimmung in Deutschland betrifft allerdings nicht nur die aus Funk und Fernsehen bekannten Frauen.

Habe bei Frauen nachgefragt: Ja. Der deutsche Mann will keinen Sex mehr, wenn die Frau Karriere gemacht hat oder auch nur erwachsen ist.

Es wäre wohl zu simpel, dem Mann vorzuwerfen, er verweigere die Erektion jetzt aus verletzter Eitelkeit. Vielleicht hat er im Unterbewusstsein tatsächlich Probleme, mit einem Gefühl zurechtzukommen, das er rational längst überwunden hat: dem Argwohn, die Sache mit den moderierenden Chefinnen nehme langsam doch überhand.

Was ihn freilich wirklich deprimiert, ist, was hinter der Entwicklung zur totalen Moderation steht: Stillstand, Blockade, Kruste. Es gibt keinen Raum mehr nach vorn für unsere Gesellschaft. Es gibt keine Herausforderung mehr für den Mann. Außer den Müll runter zu bringen und die Unterhose richtig rum anzuziehen. Aber selbst das kann er bald nur noch moderiert.

So genannte Machtworte? – „Schluss, Deutschland. Das muss alles anders werden, Kinder!“

Haha. Wer so was schreit, zeigt nur seine Hilflosigkeit. Niemand kann einen Konflikt Gewinn bringend lösen, den zwei Doofe haben, die um einen dicken Pullover streiten, wenn es draußen 30 Grad hat. Das ist im Kinderzimmer nicht anders als im Bundeskanzleramt.

Deshalb brauchen wir die Frau. Die Frau kann in so einem quälenden Prozess vermitteln.

Ja, ja, Hans, ja, ja, Friedrich.

Es ist also konsequent, dass unsere Politik und unsere Gesellschaft von „Christiansen“ moderiert werden. Wäre das nicht so, würden sich der Hans und der Friedrich unnötig auf die Köpfe hauen. Männer: Das wäre erstens vermutlich das Ende vom Hans und zweitens ein zivilisatorischer Rückschritt.

Ewiggestrige sollten eines sehen: Wo weibliche Moderation ist, ist Erfolg. Wo alte oder mittelalte Männer noch attackieren wollen oder zumindest klammern, ist entweder schon Schluss (Kirch) oder gehen demnächst die Lichter aus (SPD, PDS, DFB, DB, IG Metall, FAZ).

Weil das alles so ist, wird Angela Merkel übrigens zwangsläufig Chefin einer schwarz-grünen Moderation. Sie und die Komoderatorinnen Roth, Beer, Dingsbums-Bindestrich, Christiansen, Illner, Will und Maischberger werden uns dann erst richtig schön durchmoderieren, um diese ganzen „unlösbaren Konflikte ohne Aggression zu lösen“ (Schirrmacher).

Männer, jetzt sind wir gefordert: Der Fortschritt unseres Geschlechts misst sich am Ausbau der Fähigkeit, diesen moderierten Prozess fröhlich auszuhalten. So gesehen ist Friedrich Merz’ bedingungs- und rückgratlose Kapitulation vor „Christiansen“ vom vergangenen Sonntag geradezu vorbildlich.

Wenn aber über alles nur noch geredet wird, ist es letztlich auch konsequent und zukunftsfähig, keinen Sex mehr zu haben. Jetzt geht es darum, auch diesen letzten Prozess zu moderieren. Der finale Fortschritt ist erreicht, wenn Männer lernen, auch über ihre Sexblockade zu sprechen. Und zwar so lange und ausgiebig, bis auch der letzte Hosenlatz für immer seine Pforten geschlossen hat.

Das könnte übrigens Bärbel Schäfer schön geil moderieren.

Fragen? kolumne @taz.de