pampuchs tagebuch: Die Rettung der Spinnenaffen
Was in dieser Kolumne schon seit langem fehlte, ist eine vergleichende Analyse der Internetzugangsmöglichkeiten im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo und der des kleinen Staates Belize, der sich südlich davon an die Karibik schmiegt. Diese brennende Frage zu erforschen, habe ich mich aufgemacht, und um die Spesenkasse unserer armen Zeitung nicht zu belasten, drehe ich daneben noch zwei kleine Reisefilme, was viel E-Mailerei verlangt.
Viele mögen es nicht wissen, doch was Telefonkosten angeht, ist Mexiko eines der teuersten Länder der Welt. Meinen täglichen Weckruf im Hotel habe ich deswegen meiner lieben Freundin C. in Deutschland übertragen. Das kostet sie etwa 15–20 Cent pro Minute, ich höre täglich heimatliche Klänge, kann sogar Bundesliga- und Wahlergebnisse abfragen und endlich mal was Positives über das deutsche Telefonsystem denken. Riefe ich meinerseits C. an, um sie zu wecken, müsste ich das nach Mitternacht tun, pro Minute etwa 7 Dollar berappen und ihr womöglich was über mexikanischen Fußball oder die hiesigen Kommunalwahlergebnisse erzählen. Auch meinen Laptop hier irgendwo einzustöpseln wäre schwierig und teuer.
Bleibt also nur das Internetcafé. In der 21 Kilometer langen „Hotelzone“ gibt es das nicht, im „Centro“ aber ist man für 10–18 Pesos pro Stunde dabei, und es ist volkstümlich und in sicherer Entfernung von der cancunischen Landplage, den „spring breakers“. In Chetumal, der friedlichen Hauptstadt Quintana Roos, 400 Kilometer weiter südlich, habe ich ebenfalls angenehme Stunden in den verschiedenen Cybercafés verbracht. Die Universität von Quintana Roo in Chetumal bietet übrigens als einzige Uni der Welt den Studiengang „Alternativer Tourismus“ an. Wer sich informieren will, was da herausgekommen ist, der kann unter www.uyumilceh.tripod.com/reserva.htm etwas über die Rettung der Spinnenaffen von ihrem Schicksal als mexikanischen Haustiermaskottchen und unter www.mirc.uqroo.mx etwas über den Schutz der bedrohten Seekühe erfahren.
Das originellste und weltkleinste Internetcafé habe ich in der bunt dampfenden Hauptstadt Belize City gleich neben der Swingbridge gefunden. Es ist ein kleines Kabuff im „Marine Terminal“. Man sitzt in einem mit weißen, schmalen Holzleisten rautenartig gekreuzt durchbrochenen Holzkäfig, der fast maurisch wirkt. Von hinten bläst ein riesiger mannshoher Ventilator, der Blick schweift auf das schöne gelbe Paslow Building, und irgendwie fühlt man sich wie Humphrey Bogart in Casablanca. Oder jedenfalls so, wie er sich gefühlt hätte, wenn er mit Ingrid Bergman Mails getauscht hätte, statt ihr beständig in die Augen zu schauen.
Wer es moderner haben will, geht in die Church Street zur Belize Telecom Limited – dem modernsten Gebäude der Stadt: feinste Hardware, Flachbildschirme. Kommt man kurz vor 18 Uhr und geht pünktlich, ist es sogar gratis. So sehr freuen sich die Angestellten über den Feierabend. THOMAS PAMPUCH
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