pachls nachsichten : Vom Klüngeln zum Börscheln
Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz
Köln ist nicht nur kulturpolitisch die Lachnummer der Nation, sondern durch ständige Innovation dabei, diesen Ruf weiter zu festigen und auszubauen. Dazu braucht es innovative Kräfte, und die sprudeln hier wie das Kölsch beim Zappes. Der Klüngel zum Beispiel ist dieser Tage wesentlich weiter entwickelt worden. War er vordem ein biederer Zweikomponenten-Kleber aus Korruption und Ehrenamt, so hat er jetzt einen neuen qualitativen Sprung in die Unverantwortlichkeit und Unverschämtheit der Immunität geschafft.
Ausgangspunkt und Treibsatz war Oberbürgermeister Schrammas Ehrenkodex zur Vermeidung von Vorteilsnahme und Bestechlichkeit von Ratsmitgliedern. Geschenke und Einladungen dürfen nur noch bis zum Wert von 100 Euro angenommen werden, Beraterverträge müssen offenbart werden. Damit sind die städtischen Volksvertreter nicht von Korrumpierbarkeit gereinigt, dafür wurden ihre Gewissen reiner, wenn sie sich korrumpieren lassen. Ein Fortschritt, der seine Personifizierung im Fraktionsvorsitzenden der Rats-SPD, Rechtsanwalt Martin Börschel findet.
Angetreten, um den Augiasstall der durch Vorteilsnahmen versauten Köln-SPD auszumisten, hat er, kaum dass er die Nachfolge von Rüther auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke angetreten hatte, dort vorteilhafte Rechtsgeschäfte als Auftrag bekommen. Eine Morgengabe seines Eintritts in die inneren Kreise der Macht, eine Initiation und Anfütterung. Und damit ist alles wie vorher – mit dem entscheidenden Unterschied: Börschel nimmt keine Spenden und Geschenke, sondern unterschreibt Verträge. Die sind nicht geheim, sondern beim OB angegeben – so weit wie nötig.
Damit ist alles dreifach gereinigt und schattenlos legal konstruiert. Ein chemischer Prozess findet seine Krönung, den man gar nicht ausreichend goutieren kann: vom Bürger als Interessensvertreter in den Rat gewählt, von dort als Aufsichtsrat in städtische Unternehmen delegiert, um zu kontrollieren, dort wiederum aufgestiegen zum Auftragsnehmer pauschaler Rechtsgeschäfte, die er im Interesse seines Kontrollobjekts auch gegen die Wünsche und den Willen der Bürger auszuführen hätte, die ihn aber doch als ihren Interessensvertreter gewählt haben. Und das paragraflich so abgesichert, dass jeder einsichtige Kölner sich sagen muss: blöd, dass er mich verarscht, aber eigentlich macht er alles richtig.
So kommt der Schwanz mit dem Hund ans wedeln und wird Klüngeln veredelt zum Börscheln. Und wenn der Mann, wie angekündigt, auch noch in den Landtag geht, um sich als doppelter Volksvertreter seine Tätigkeit für Köln mit Düsseldorfer Diäten zu vergüten, braucht man sich um Fortschritte des Börschelns keine Sorgen machen. Der braucht keine Geschenke annehmen, der ist sich selber eins.