ostfriesischer tee : Geht nur mit Moorwasser
Nirgendwo in Deutschland hat sich um den Tee ein solcher Kult entwickelt wie in Ostfriesland. Um rund das Zehnfache übertrifft der dortige Pro-Kopf-Verbrauch den in der restlichen Bundesrepublik – und liegt damit auf einem Niveau, wie man es sonst aus Großbritannien kennt. „Tee gehört zum Leben dazu“, sagt Gisela Buss vom Bünting-Teemuseum in Leer.
Die Liebe der Ostfriesen zum Tee begann im 17. Jahrhundert, als Binnenschiffer das exotische Gewächs aus den niederländischen Überseehäfen brachten. Die weitere Verbreitung wurde dadurch begünstigt, dass die moorigen Wasservorkommen der Gegend nur abgekocht zum Trinken geeignet waren. Die Landbevölkerung wich deshalb auf Bier aus. Da dieses unerwünschte Nebenwirkungen hatte, engagierten sich Kirche und Mediziner in einer Imagekampagne für den Tee. „Es gab Kirchenlieder und sogar Predigten zu dem Thema“, sagt Tee-Expertin Buss.
Bis heute wird die ostfriesische Teezeremonie mit einer Hingabe zelebriert, die sie mit ihrem japanischen Gegenstück vergleichbar macht. Schon die Einladung an die Teetafel ist eine Ehre. Aufgebrüht, serviert und getrunken wird in einem genau festgelegten, bedächtigen Rhythmus: Dreimal werden die Tassen gefüllt, dreimal wird das Getränk in in mehreren kleinen Schlucken ausgetrunken – ohne umzurühren, denn jede Schicht zwischen süß-sahniger Oberfläche und kräftigem Bodensatz muss für sich gekostet werden. „Es ist keine hektische Handlung“, sagt Buss.
Legendär ist auch der Ostfriesentee selbst. Es handelt sich vorwiegend um eine würzige Assam-Mischung, die außerhalb Ostfrieslands nur wenig verbreitet ist – angeblich ist sie auf das saure, moorige Wasser Ostfrieslands abgestimmt. Mit anderem Wasser schmeckt sie nicht. SB