orte des wissens: Harte Fakten über Afrika
Der „Africa Monitor“ des Kiel Instituts für Weltwirtschaft bietet viele Daten, vor allem für Experten. Aber seine Zukunft ist ungewiss
Lesotho ist arm. Sein Bruttoinlandsprodukt ist winzig. Trotzdem war das kleine Königreich im Süden Afrikas jüngst Thema in den Wirtschaftsnachrichten der ganzen Welt. Anfang April nämlich hatten die USA den Staat, den Präsident Trump als „Land, von dem nie jemand gehört hat“ herabwürdigte, mit exorbitanten 50 Prozent Strafzöllen belegt – dem weltweit höchsten Zollsatz an Trumps fatalem „Tag der Befreiung“. Auch andere afrikanische Staaten wurden durch Trumps Zölle in Schrecken versetzt.
Wer sich im „Africa Monitor“ des „Kiel Instituts für Weltwirtschaft“ (IfW) Analysedaten zu Lesotho abruft, einem Binnenstaat, dessen Import-Export-Beziehung mit den USA höchst überschaubar ist, sieht schnell, wie unsinnig Trumps Zölle sind.
Die interaktive Plattform, entstanden unter mehrjähriger Förderung der Bundesministerien für Wirtschaft und Finanzen, vernetzt Daten von Quellen wie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank zu allen 55 Staaten Afrikas. Firmen nutzen sie, um Risiken und Chancen einzuschätzen, auch Forschende und Ministerien.
Der Monitor ist eine Welt der Zahlen, Diagramme und Karten. Auch zu vertiefenden, zusammenfassenden Studien bekommt man hier Zugang: interdisziplinäre Expertise zu einem Kontinent, der bis heute fatalerweise oft nur als Krisenkontinent wahrgenommen wird.
Wer sich in den weitgefächerten Tiefen des Monitors zurechtfinden will, von Domestic Prices bis Government Finance, von Low-Income Countries bis Market Size, in seinen unzähligen Variablen, wer Downloads vorbereitet, braucht allerdings selber Expertise. Benutzer, die nicht vom Fach sind, haben es schwer.
Das Problem: Die Bundesfinanzierung des Monitors ist ausgelaufen. Derzeit trägt das IfW ihn allein, wird er nur durch eine einzige Person betreut, noch dazu privat. Die „strategische Frage, ob er weiterbesteht“, sei derzeit „absolut offen“, sagt Volkswirtschaftler Tobias Heidland der taz, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Leiter des Forschungszentrums „Internationale Entwicklung“ im IfW, spezialisiert auf Afrika.
Derweil liegt der Monitor nicht brach. Einmal pro Monat werden seine Daten aktualisiert. Und sie finden viele Nutzer. „Es gibt monatlich mehrere hundert Personen, die das Softwarepaket, also die Programmierer-Schnittstelle, für den Monitor herunterladen“, so Heidland. Gerade „bei den besonders fähigen Nutzern“ werde der Monitor „sehr gut angenommen“.
Früher habe es zum IfW den Vorwurf der FDP-Nähe gegeben, räumt Heidland ein. Das sei heute anders. Man arbeite „empirisch, ergebnisoffen“ und trete, wenn nötig, „in jeder Richtung auf den Fuß“.
Oder auch nicht. In der Studie „Dealing with Global Economic Challenges – An Agenda for the New Federal Government“, im Februar erschienen im IfW, heißt es unter „Focus on European climate policy“ zu Treibhausgasemissionen, die neue deutsche Regierung solle „die sinnvollen EU-Instrumente in ihrer internationalen Klimapolitik stärken und konsolidieren“ und „im Gegenzug die Abschaffung oder Beseitigung nicht-marktbasierter und kontraproduktiver Überregulierung vorantreiben“. Das klingt sehr marktliberal.
„Hier wird ein falscher Gegensatz zwischen ‚vernünftigen‘ marktwirtschaftlichen Instrumenten und ‚kontraproduktiven‘ staatlichen Vorgaben aufgemacht“, kommentiert Sarah Zitterbarth das für die taz, Greenpeace-Referentin für Internationale und Europäische Klimapolitik.„Der Markt allein wird die Klimakrise nicht lösen – er hat uns erst in diese Situation gebracht und trifft oft die Schwächsten am härtesten.“ Der Africa-Monitor konzentriert sich auf Fakten, von Bildung bis Militär, von Geburtenrate bis Migration. Und das ist in einer Zeit des Postfaktischen, angeheizt durch Demagogen wie Trump, wichtiger denn je. Harff-Peter Schönherr
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