olympiastadion : Ohne Frösche vor der Nase
Wenn der Ball im umgebauten Berliner Olympiastadion rollt, muss auch für die Fans im Rollstuhl klar sein: freie und gute Sicht auf das Spielfeld und die Tore. Das ist eine Selbstverständlichkeit in der neuen Superarena von Hertha BSC. Zu Recht kritisiert der Verband der Behinderten genau den Mangel an dieser Selbstverständlichkeit im Olympiastadion für die Plätze der Rollstuhlfahrer. Darum ist klar: Das Land und die Baugesellschaft müssen ein paar Sonderschichten einlegen, um die Tribünenreihen frei zu räumen. Das kostet ein wenig Zeit, kaum Geld und freut die Behinderten. Ihnen springt kein Hertha-Frosch vor die Nase.
KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Absolut unerfreulich aber bleibt, dass wohl auf den Zeichentischen bei Walter-Bau und bei der Aufsichtsbehörde des Landes während der Sanierung und quasi bis kurz vor dem Anpfiff die Interessen der Behinderten nicht ernst genommen wurden. Sollte es stimmen, dass der Verband seit Baubeginn die Missstände zu Recht kritisiert, das Olympiastadion regelmäßig auf der schwarzen Liste der Verstöße stand und gar die Regeln der Fifa hintangestellt wurden, dann ist der Vorgang skandalös. Ein Senat und eine Stadiongesellschaft, die den Dialog mit den Betroffenen nicht suchen, verdienen dann die rote Karte.
Mehr noch weist das Beispiel aber darauf hin, dass Bau- und Gleichstellungsgesetze nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen, wenn sie nicht befolgt und weiterentwickelt werden. Das Land Berlin rühmt sich, den Behinderten gerecht zu werden. Das ist dummes Zeug geredet und wird an jedem zweiten U-Bahnhof ohne Fahrstuhl schon belegt. Das Rolli-Fit für das Olympiastadion ist eine leichte Übung, für den Alltag braucht es mehr Anstrengungen.