oldenburger urteil : Fehler im Gesetz
Diskriminierung ist real. Täglich. Meist bleibt sie ungesühnt: Zwei Jahre hat es gedauert, bis ein Gericht einen Fall nach Paragraf 19 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes entscheiden musste. Zugunsten des Klägers, immerhin.
KOMMENTAR VON BENNO SCHIRRMEISTER
Hauptursache für die Klage-Unlust ist – das zeigt der Oldenburger Fall gut – der Gesetzestext selbst: Paragrafenweise wirkt er eher von der Angst vor einer Klageflut diktiert, als vom ernsthaften Willen, Diskriminierung zu bekämpfen.
So ist nicht einzusehen, warum es die Möglichkeit einer Sammelklage ausschließt: Die wäre geeignet, systematische Verstöße aufzudecken. Und gerade sie entspräche auch der Begrifflichkeit: Die Fälle sind niemals Einzelfälle. Diskriminierte werden als Angehörige einer Gruppe – ethnisch, geschlechtlich, weltanschaulich – diskriminiert.
Um das mit gerichtsfesten Zeugenaussagen zu unterfüttern, bleibt also gar nichts anderes übrig, als sich der Diskriminierung erneut und in Begleitung auszusetzen. So wie es der Oldenburger Student aus Kamerun getan hat. Dass er sie damit billigend in Kauf nimmt, muss sich aber wieder auf Prozesskosten und Urteil auswirken: Wenn es fällt, muss es sehr mild ausfallen: Ein Gesetz, dem schon der Gesetzgeber vorsichtshalber die Zähne gezogen hat, entfaltet nur sehr bedingt eine abschreckende Wirkung.