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off-kinoFilme aus dem Archiv –Frisch gesichtet

Gerade wurde Hayao Miyazakis neuer Zeichentrickfilm „Spirited Away“ auf der Berlinale zu Recht mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Wer sich mit der fantasievollen Geschichte der kleinen Chihiro anfreunden konnte, die in einer fantastischen Parallelwelt in einem Badehaus für Götter arbeiten muss, der sollte vielleicht noch einmal einen Blick auf Miyazakis Vorgänger-Film „Prinzessin Mononoke“ riskieren. In dem in mythischer Zeit spielenden Fantasy-Epos um das aus den Fugen geratene Gleichgewicht zwischen Natur, Göttern und Menschen versucht ein junger Krieger das Geheimnis eines Dämons zu ergründen, den er in Notwehr getötet hat und dessen Fluch auf ihn übergegangen ist. Bei seiner Suche trifft er auf die Herrin Eboshi, die der Natur gnadenlos ihre Schätze abringt, und auf die von mächtigen Wolfsgöttern aufgezogene Prinzessin Mononoke, die mit Eboshi und ihrer Stadt in erbittertem Streit steht. Im Gegensatz zu den meisten amerikanischen und europäischen Zeichentrickproduktionen begeistert „Prinzessin Mononoke“ mit ungemein differenzierten Charakteren, denen die Story immer neue Seiten abgewinnt: Da können die „Guten“ durchaus eine bedrohliche Seite entwickeln und sich die „Bösen“ als lernfähig und hilfsbereit herausstellen. Auch unter künstlerischem Gesichtspunkt erweist sich der Film des renommierten Studios Ghibli als ein überaus ambitioniertes Projekt, das in klaren Farben und Formen eine Natur mit alten Wäldern, reißenden Flüssen und stillen Seen von großer Schönheit präsentiert.

„Prinzessin Mononoke“ 21. 2.–27. 2. im Filmrauschpalast

***Ein Vampir-Thriller ohne Knoblauch, Kruzifix und falsche Zähne: Carl Theodor Dreyers „Vampyr“ aus dem Jahr 1932 enthält sich aller vordergründigen Schauereffekte. Vielmehr kommt die Geschichte vom Vampir, der das Leben einer jungen Frau bedroht und sein Ende ganz klassisch durch einen ins Herz geschlagenen Pflock findet, wie ein bizarrer Albtraum daher, in dem das irreale Spiel von Licht und Schatten Raum für Fantasien und Ängste des Betrachters lässt. Verstörender Höhepunkt ist da zweifellos der Traum eines jungen Mannes vom eigenen Tod, in dem die Kamera den Blickwinkel des im Sarg liegenden Toten übernimmt. Weil Dreyer für die deutsch-französische Koproduktion nur wenig Geld zur Verfügung stand, musste „Vampyr“ in mehreren Sprachfassungen nachsynchronisiert werden. Doch aus den materiellen Einschränkungen resultierte die künstlerische Freiheit des Films: Eine ungemein bewegliche Kamera (Rudolph Maté) folgt dem Helden der Geschichte auf seiner schlafwandlerischen Suche nach den übernatürlichen Phänomenen durch die weißen Korridore, Zimmer und Scheunen eines abgelegenen Gasthofes.

„Vampyr – Der Traum des Allan Gray“ 26. 2. im Arsenal 2

***Der kleinbürgerlichen Existenz, ihrem Streben nach Ordnung und Reibungslosigkeit hatte Karl Valentin den Kampf angesagt – und sein Sinn für das Absurde, seine Umständlichkeit und verquere Logik („Wie kann ich mit zwei Billets allein ins Theater gehen?“) waren probate Mittel, um ein wenig Sand ins Getriebe zu streuen. Mit grausamem Humor werden bürgerliche Konventionen derart ad absurdum geführt, dass ihm in „Der Theaterbesuch“ (Regie: Joe Stöckel) schließlich nicht einmal mehr der Name des eigenen Sohnes einfällt. Der Sketch um die geschenkten Theaterkarten gehört zu den schönsten Stücken des Komikers und seiner Frau Liesl Karlstadt: ein Ehe-Dramolett, in dem es eigentlich nur um alltägliche Dinge geht – wann fängt die Vorstellung an, was muss vorher noch alles erledigt werden, was zieht man an? Doch die Absurdität schwingt sich in immer neue Höhen und gipfelt in einem wunderbaren Brief mit guten Ratschlägen an den Sohn: „Solltest du dein Essen aber lieber kalt mögen? Dann mach es dir nicht warm. Weil es dir sonst zu heiß werden könnte.“

„Der Theaterbesuch“ und andere Filme mit Karl Valentin 25. 2. im Arsenal 2 LARS PENNING

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