noch 242 tage bis zum euro: taz-Serie über unser neues Geld. 5. Teil
Professor Bofinger über Donald Duck und Eurokurs
taz: Hat die Einführung des Eurobargelds Auswirkungen auf den Eurokurs?
Peter Bofinger: Nein. Volkswirtschaftlich ist die Euroeinführung kein Problem. Denn es ändert sich am 1. Januar nichts: Der Euro ist bereits die Währung der 12 Euroländer. Eine Mark ist schon heute de facto nichts weiter als ein halber Euro. Es wird also zum neuen Jahr lediglich das Zahlungsmittel ausgetauscht. Für die Verbraucher wird die Einführung des Bargelds nichts anderes sein als die Einführung der neuen Postleitzahlen: Das wird vielleicht ein bisschen knirschen, und dann haben sich alle daran gewöhnt.
Letztes Jahr wurde verzweifelt versucht, eine Erklärung für die vermeintliche Euroschwäche zu finden. Wird man da nicht auch die Bargeldeinführung zu irgendeiner Begründung herholen?
Alle Versuche, den Euro-Kurs mit fundamentalen Faktoren zu erklären, waren bis jetzt wenig hilfreich. Denn auch die gute, etablierte, allseits geliebte D-Mark hatte Kursverfälle wie jetzt der Euro. Dahinter steckt doch nur eins: Irgendwelche „Analysten“ werden dafür bezahlt, dass sie Erklärungen liefern müssen. Aber wenn die sagen, der Euro ist schwach, weil die Wirschaftsentwicklung schlecht ist, dann ist das genauso unsinnig, wie wenn ich sage, das Wetter ist heute schön, weil ein rotes Auto vor der Tür steht.
Es gibt aber schon die erste Begründung: Zurzeit werde viel Schwarzgeld von DM in Dollar umgetauscht, weil die DM bald nicht mehr gilt ...
... das ist eine besonders schlechte Erklärung! Das ist so eine Dagobert-Duck-Theorie der Wechselkurse. Am Devisenmarkt werden aber nicht Geldsäcke getauscht. Gucken Sie sich doch die Bargeldentwicklung in der Eurozone an: Wenn da massive Umschichtungen stattfinden würden, würde man das merken. In Deutschland kursieren aber gerade mal 200 Milliarden Mark an Bargeld – ein Bruchteil der gesamten Geldmenge in Euroland! Also selbst wenn sich an der D-Mark-Bargeldmenge etwas ändert, merkt man das kaum.
Spielt dann bei der Bargeldeinführung eher die Psychologie eine Rolle ?
Schon eher. Psychologisch spielt beim Euro sicherlich eine Rolle, dass er für alle fremd war. Man hat zum Beispiel herausgefunden, dass Menschen lieber Aktien von Unternehmen kaufen, die aus dem eigenen Land stammen und über die sie Informationen haben. Beim Euro ist das Problem: Er ist niemandes „Heimatwährung“, bis jetzt.
Und das wird mit der Bargeldeinführung besser?
Ja, das könnte sein. Ich glaube, wenn sich die Bargeldeinführung überhaupt auf den Kurs auswirkt, dann positiv. Weil die Leute mit der Währung vertraut werden. INTERVIEW: KATHARINA KOUFEN
Und nächsten Donnerstag: ein senegalesischer Philosoph über das identitätsstiftende Moment einer afrikanischen Einheitswährung
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