noch 14 tage bis nizza: Die Probleme eines EU-Gipfels
Bei Asylfragen ist Schily stur
Von „Veto“ ist in der Sprache der EU-Diplomaten tunlichst nicht die Rede – das Wort klingt so destruktiv. Stattdessen spricht man bei Abstimmungen im Ministerrat vom „Einstimmigkeitsprinzip“, was dasselbe bedeutet: Stimmt auch nur ein Land gegen einen Vorschlag, ist er abgelehnt. Die Bundesregierung möchte in Nizza gerne für mehr Politikfelder als bisher Mehrheitsentscheidungen durchsetzen – nur nicht da, wo innenpolitisch Ärger droht: Neben Fragen der betrieblichen Mitbestimmung gilt das vor allem für das Asylrecht.
Die treibende Kraft ist hier Bundesinnenminister Schily. Er fürchtet, im Falle von Mehrheitsentscheidungen könnte Deutschland von Ländern mit einer liberaleren Auffassung von Flüchtlingsrechten überstimmt werden. Dazu gehören insbesondere die Benelux-Staaten. Auch die EU-Kommission, die in Brüssel das Vorschlagsrecht für neue Regelungen hat, steht bei Schily im Verdacht, zu flüchtlingsfreundlich zu sein (siehe Seite 3). Zu den Hardlinern zählen auch Österreich sowie Großbritannien, das den Mehrheitsentscheid ebenfalls ablehnt.
Bleibt es beim Einstimmigkeitsprinzip, bedeutet dies nach Überzeugung von Pro Asyl eine Entwicklung hin zu Standards auf dem niedrigsten Niveau.
So ist der Streit um das Asylrecht ein typisches Beispiel für die Schwierigkeiten der europäischen Harmonisierung: Während die Bundesregierung ihren Partnern in der EU Mehrheitsentscheidungen als Weg zu größerer Entscheidungsfreude anpreist, kommt ihr die Innenpolitik in die Quere. Rot-Grün blockiert beim Asylrecht, um der CDU-Opposition keine Vorlage für einen Ausländer-Wahlkampf zu liefern. pat
Und morgen: Warum Spanien den Nizza-Gipfel zum Scheitern bringen könnte.
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