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neue filme Songs from the Second Floor

S/F/DK 2000, Regie: Roy Andersson; mit Lars Nordh, Lucio Vucina u. a.; 98 Min.

Ein wunderschöner Filme über die Endzeit: Roy Andersson hat eine reine Szenenabfolge entworfen, deren lapidarer Groove Genügsamkeit an den Tag legt. Keine Panik, kein Stress. Umso hysterischer wird das lemminghafte Anrennen gegen ein Bollwerk der Absurditäten, das Andersson hier auffährt. Da sitzt eine Kommision hochrangiger Wirtschaftsvertreter am Konferenztisch und sucht den Weg aus der Rezession in einer Kristallkugel. Und durch die Straßen der namenlosen Stadt, in der „Songs from the Second Floor“ spielt, prozessiert eine sektenähnliche Gemeinschaft, die sich rituell auf die Knie wirft und geißelt. Alles scheint auf den Beinen, die Stadt erstickt seit Tagen im Stau, und trotzdem streift die Kamera immer wieder durch leer gefegte Straßenzüge, findet artifiziell-überhöhte Bilder der Isolation und bitteren Verzweiflung. Der Gleichstrom der Bilder entwickelt eine liturgische Emphase, so dass es kaum noch verwundert, als schließlich in der U-Bahn Menschen in choralartige Gesänge verfallen. Die grausamen Rituale der Demütigung, die Anderssons Personal durchleiden muss, erinnern hin und wieder an Monty Python mit einer humanistischen Note, aber erst in der repetitiven Struktur seiner Erzählung, der Verkettung der Episoden zu einer fulminanten spätkapitalistischen Passionsgeschichte, erhält der Film seine lakonische Ernsthaftigkeit.

Filmbühne am Steinplatz, Hackesche Höfe

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