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nebensachen aus kairoÄgypten legalisiert Viagra

Schluss mit der geschmuggelten männlichen Potenz

Schwer zu beschaffende Dinge werden in Ägypten oft nur mit Farben bezeichnet. Da akute Devisenknappheit herrscht, gibt es bei den Banken kaum noch Dollars. Stattdessen fragt man auf dem Schwarzmarkt unauffällig nach den begehrten „Grünen“. Auch bei der unschuldigen Anfrage nach „den Blauen“ wartet der Kairoer Apotheker zunächst, bis die anderen Kunden den Laden verlassen haben, bevor er verstohlen eine Packung ins Land geschmuggelter potenzfördernder Viagra-Pillen aus der Schublade zieht.

Bald darf der ägyptische Mann das Kind allerdings offen beim Namen nennen. Nach einem jahrelangen Importverbot hat das ägyptische Gesundheitsministerium verkündet, demnächst die lokale Produktion der begehrten blauen Pille zuzulassen. Der anschließende Enthusiasmus in den Medien kannte kaum Grenzen: „Viagra hat gewonnen – Pillen des ehelichen Glückes demnächst auch auf dem ägyptischen Markt“, titelte eine Zeitung.

Glaubt man einer Studie der Kairoer Universitätsklinik, fällt fast ein Viertel aller verheirateten ägyptischen Männer unter die Kategorie „impotent“. Kein Wunder, dass eine andere Studie zum Schluss kommt, dass bisher die Ausgaben für geschmuggeltes Viagra in den Haushalten gleich nach dem Posten der von allen beklagten teuren privaten schulischen Nachhilfestunden kommt. Auch das wird sich ändern. Etwa sechsmal niedriger soll der Preis des legal in Ägypten produzierten Medikamentes gegenüber seinem geschmuggelten Pendant liegen. Das bisherige Schmuggelvolumen wird jährlich auf sage und schreibe eine Viertel Milliarde Euro geschätzt.

Neben dem Austrocknen des Schmuggelsumpfes werden mit der jetzt angekündigten lokalen Produktion auch Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem werden kostbare Devisen künftig nicht mehr für die Steigerung der männlichen Potenz verschwendet. Warum, so fragt sich der Beobachter, hat das Gesundheitsministerium ein solches Allheilmittel nach dessen Erfindung 1998 auf den Index gesetzt? Argumentiert wurde dort stets mit dem Gesundheitsrisiko aufgrund der Nebenwirkungen und gelegentlich mit dem Bevölkerungswachstum.

In Wirklichkeit ging es wohl eher ums große Geschäft und um die Frage, welcher ägyptische Pharmabetrieb dem Ministerium am meisten Schmiergelder abdrückt, um von Pfizer Inc. USA die Lizenz zu erhalten. Dies hat offensichtlich sechs Jahre gedauert. Mit der jetzigen freudigen Botschaft sind Aktien einiger ägyptischer Pharmakonzerne gleich sprunghaft angestiegen. Ein Viertel ihn nicht hochbringender Ehemänner macht umgerechnet immerhin 2,5 Millionen potenzielle Vigara-Kunden. Wen wundert’s, dass die Lobbyisten für das Medikament nicht nur im Apothekerverband, sondern auch in den Reihen der Regierungspartei zu finden waren, deren Mitglieder sich jetzt finanziellen oder möglicherweise auch anderen Eigennutz erhoffen. Bis Ende des Jahres soll es so weit sein. „Wir sind bereit, billigeres und potenteres Viagra mit weniger Nebeneffekten zu produzieren“, verkündet der Chef der Nile Pharmaceutical Company.

Angesichts der ägyptischen Skepsis gegenüber der Effektivität heimischer Produkte taucht in den Zeitungen allerdings schon die eine oder andere kritische Karikatur auf, beispielsweise in der Oppositionszeitung Al-Wafd. Dort hält eine muskulöse Matrone ihren abgemagerten, versagenden Ehemann am Schlawittchen, während der Bedauernswerte nur noch keucht: „Ich habe gleich gesagt, wir sollen die importierten nehmen, aber du hast ja unbedingt auf den ägyptischen bestanden.“ KARIM EL-GAWHARY

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