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Archiv-Artikel

nebensachen aus jerusalem Israelis schätzen Dolce vita hinter schwedischen Gardinen

Israelische Fußballfreunde haben es weiß Gott nicht leicht. Allein, dass Israel bei der Weltmeisterschaft 2006 wieder nicht dabei ist. Beim Basketball ganz oben, aber im Fußball kriegen sie kein Bein auf den Boden oder eben nicht genügend Tore ins Netz. Und dann ist da noch die Sache mit den Fernsehrechten. Die macht den Kummer der den Medienunternehmen ausgelieferten Fans perfekt. Wer sich die Spiele ansehen will, muss in die Tasche greifen. Umgerechnet 130 Euro, so hieß das erste Angebot, das nach massenhaftem Protest auf die Hälfte reduziert wurde. Aber auch 65 Euro sind deutlich zu viel für ein Produkt, das es andernorts umsonst gibt.

Hoch lebe die eigene Schüssel, jubelt meine Nachbarin und lädt zum gemeinsamen Fußballglotzen. Unter 2.000 Kanälen, darunter mehr als 20 deutsche, wird sich schon etwas finden. Pustekuchen. Kein einziger Sender lässt den Anpfiff hören. Alles blockiert, statt dessen laufen auf Kanälen, die entsprechend den Programmzeitungen die gewünschte Übertragung bringen sollten, seltsame Sendungen wie: „Wer wird Millionär“ auf Hebräisch. Da ist original alles wie bei Günther Jauch, Vorspann, Musik, die komplette Ausstattung, inklusive Arrangement der Sitzmöbel. Nur dass der höchste Preis von einer Million Schekel nicht ganz so attraktiv ist wie der Höchstgewinn in Europa. Und dass der israelische Moderator an Jauchs Unterhaltungswert nicht heranreicht.

Die Idee eines Pakets für mehr als einen Konsumenten funktioniert nur in ganz kleinem Rahmen. Im Kibbuz zum Beispiel, wo keiner kontrollieren kommt. Dagegen müssen Kneipenbesitzer, die auf das große Geschäft während der WM hofften, hohe Abgaben zahlen. Die Medienunternehmen wollen nicht leer ausgehen. Sie klagten bis zum Obersten Gerichtshof, um pro Sitzplatz in den Lokalen wenigstens noch den halben Preis für den Empfang abzuzocken.

Unter derart erschwerten Fußballbedingungen überrascht es nicht, dass drei israelische Gauner, die ihre Strafe in schwedischen Gefängnissen abbüßen, den israelischen Konsul unwirsch wieder vor die Tür setzten, als er mit dem Angebot kam, sie nach Hause zu holen, damit sie ihre Reststrafe in Israel absitzen. Aus der ganzen Welt kommen Bittgesuche israelischer Häftlinge, aber nicht aus Schweden. Dass das so ist, liegt allerdings nicht nur an der WM, die hier komplett und kostenfrei in jede Zelle übertragen wird.

In Schweden lässt es sich als Strafgefangener leben. Gepflegte Einzelzellen mit Kochgelegenheit, an den Wochenenden werden auf Anfrage Steaks geliefert, zweimal im Jahr gibt es einen Ausflug durch Stockholm – unter Polizeibewachung, versteht sich –, und wer seine Frau oder Freundin sehen will, dem steht ein Luxusappartement mit drei Zimmern auf dem Gefängnisgelände zur Verfügung. Die Zwischenzeit vertreibt man sich mit ausgiebigem Sport auf den diversen Anlagen. „Eher wie in einem Hotel als wie in einem Gefängnis“, konstatiert Konsul Shoshani im Anschluss an seine Mission. Um seine inhaftierten Landsleute braucht er sich nicht mehr zu sorgen. SUSANNE KNAUL