nachruf : „Fang schon mal an zu schreiben“
Wer Peter Boenisch in den letzten Jahren traf, der begegnete einem kultivierten älteren Herrn. Altmodisch höflich mit ein bisschen Schalk um die dicht bebrauten Augen. Kaum vorstellbar, dass so jemand einst agitatorische Überschriften wie „Stoppt den Terror der Jung-Roten jetzt“ titeln ließ.
Aber er war es: Boenisch, Bild-Chefredakteur von 1961 bis 1971, zu schlimmsten Kampfblattzeiten. Publizistischer Barrikadenkämpfer und Springers Hansdampf in allen Gassen: Zwischendurch machte der gebürtige Berliner auch noch die BamS, versuchte später die Welt auf Gewinnkurs zu bringen – und beriet parallel schon mal einen gewissen Helmut Kohl.
Aus Gewinnen bei der Welt wurde bekanntlich nichts, aber dafür wurde Kohl Kanzler. Und Boenisch zur Belohnung 1983 Regierungssprecher, bis ihn 1985 eine Steueraffäre nebst Strafbefehl über eine runde Million Mark stoppte. Springer-Mann im Geiste ist Boenisch dabei die ganze Zeit geblieben, auch wenn es zwischen ihm und dem Konzern zuletzt knirschte: Anfang 2001 war Schluss mit dem Sitz im Springer-Aufsichtsrat, ein paar Monate später kündigte man dem altersmilden Kolumnisten auch noch den Autorenvertrag. „Heute entscheiden allein seine diplomatischen Ergebnisse und nicht die Bilder aus einer beiderseits gewalttätigen und hasserfüllten Vergangenheit“, hatte „Pepe“ über die Fotos aus Joschka Fischer Frankfurter Spontizeit in Bild geschrieben.
Wirklich weg war Boenisch aber nie: Irgendwie kam man wieder zusammen, und „Bonn/Berlin – Bild – Boenisch“ ging immer weiter. 2003, zum taz-Geburtstag, war er der wahre Lieblingsfeind. Und gab den Vollblutjournalisten im besten Sinne des Klischees. Als zum Thema Frauenfußball ein Promitext hermusste, flog ein Handy durch die Luft. „Ruf Sabine Christiansen an“, befahl Gast-Chefredakteur Kai Diekmann: „Und Pepe, fang schon mal an zu schreiben.“
Geschrieben hatte er an diesem Tag auch den Kommentar auf Seite 1 der feindes-taz: „Gestritten haben wir genug“. Gestern ist Peter Boenisch im Alter von 78 Jahren am Tegernsee gestorben. STG