„music day“ : Alles, nur keine Ersatzparade
Entweder ist die Versammlungsbehörde blind für politische Anliegen, dann ist sie ihrer Aufgabe schlicht nicht gewachsen. Oder sie will sie nicht erkennen. Dann haben wir es hier nicht nur mit Ignoranz zu tun, sondern mit antidemokratischem Ansinnen.
KOMMENTAR VON FELIX LEE
Die Entscheidung, den „Music Day“ nicht als Protestveranstaltung anzuerkennen, ist nicht nur für Organisator und Ex-DJ Kay Neumann ein Schlag ins Gesicht, sondern für die Demonstrationskultur dieser Stadt.
Sicherlich ist es kein Zufall, dass Neumann ausgerechnet den Tag gewählt hat, an dem die abgesagte Love Parade stattfinden sollte. Natürlich wird er darauf hoffen, verirrte Love-Parade-Besucher zu locken. Doch das ist nicht verwerflich, dient es doch seinem Anliegen. Und dieses ist mehr als berechtigt.
Der Protest der kleinen Labels gegen die Marktpolitik schwerer Musikmultis ist erstens nicht vergleichbar mit plumpen Parolen wie „Love rules“ oder „We are one family“. Zweitens steht hinter der Musikdemo keine Gruppe Einzelner, die mit einer Marke Geld verdient – wie bei dem ausgefallenen Liebesumzug.
Dass es den Musikgiganten gelingt, über gezielte Lobbyarbeit fällige Lizenzgebühren von über 40 Millionen Euro an die Gema zu verweigern, die sie vor allem existenzbedrohten Musikschaffenden der Independent-Szene schulden, ist ein Skandal. Das Thema verdient schon seit langem eine lautstarke Demo mit Pauken, Trompeten und Drumbässen, bei der Musik natürlicherweise ein legitimes Ausdrucksmittel ist.
Mit einer Wiederbelebung der Love Parade durch die Hintertür hat das nichts zu tun. Werden Independent-Musikern weiterhin die ihnen zustehenden Urhebergelder verweigert, ist es bald Aus mit neuen Beats und abgefahrenen Klängen. Über Major-Musik à la Britney Spears oder Ralf Siegel zumindest ist noch keine Techno-Parade entstanden.