menschenrechte : Die ganz legale Ignoranz
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. So steht es im Artikel 16 a des Grundgesetzes. Ein hohes Gut, eingeführt aufgrund der Erfahrungen mit dem menschenverachtenden Nationalsozialismus. Doch das ist lange her. Offenbar zu lange.
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Dank hetzerischer Debatten Anfang der 90er-Jahre folgt dem Artikel 16 a heute eine lange Liste von Einschränkungen. Hinzu kommen die detaillierten Fallstricke im Ausländergesetz und die Drittstaatenregelung der EU.
Die zuständigen Behörden scheinen davon auszugehen, dass jeder Flüchtling vor seiner Einreise ein Intensivstudium der komplizierten Rechtslage absolviert hat. Andernfalls genießt der politisch Verfolgte allenfalls noch den Aufenthalt im Abschiebeknast. Wenn es sein muss, auch schon mal länger als ein Jahr – wie im Fall des Tamilen Paramesvaran Sivabalasundaram. Sein erstes Verbrechen: Er hat sich nicht formal korrekt gegenüber dem deutschen Rechtsstaat verhalten. Sein zweites Verbrechen: Er will nicht in das Land zurückkehren, in dem er gefoltert wurde. Der Anlass für seine Flucht spielt keine Rolle – aus formalen Gründen.
Der Tamile ist leider kein Einzelfall, allenfalls eine besonders extreme Folge des bis zur Menschenverachtung pervertierten Grundrechts auf Asyl. Leider ist trotz einer rot-grünen Bundesregierung keine Besserung in Sicht. Obwohl längst klar ist, dass hier nicht der Flüchtling das Problem ist, sondern eine Barrikade aus Gesetzen. Einzelschicksale dürfen so schlichtweg ignoriert werden.
Die Verantwortung dafür tragen die Politiker ebenso wie die Menschenverwalter in den Behörden, die die rechtlichen Vorgaben ohne einen Anflug von humanitärem Gewissen umsetzen. Vielleicht sollten sie einfach mal etwas weiter oben im Grundgesetz nachlesen. Gleich der allererste Satz lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Dieser Passus gilt immer noch. Und anders als das Recht auf Asyl ohne Einschränkung.