meinungsstark:
Russische Deserteure? Aufnehmen!
„Debatte: Bevor die Hähne kräh’n “, taz vom 10. 11. 22
Lieber Pascal Beucker, danke für diesen wichtigen Kommentar. Es ist ein großer Skandal, dass asylsuchende Deserteure aus Russland in den westlichen Ländern abgewiesen werden, nicht erwünscht sind oder nur sehr widerwillig Aufnahme finden. Dass der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, nun von Deutschland verlangt, keine russischen Deserteure aufzunehmen, weil sie sich nur vor dem Militärdienst drücken und nicht im Krieg sterben wollen oder wie es sein Vorgänger Andrij Melnyk noch drastischer formulierte, „weil sie keinen Bock auf ihre eigene Ruhestätte in der Ukraine haben“, spricht für sich. Solche Worte sind menschenverachtend, sie verhöhnen die UN-Menschenrechtscharta und ein Grundrecht aller Völker: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Dass nun die Ukraine – die von einem brutalen Aggressor überfallen wurde – jungen russischen Männern, die nicht in den Krieg ziehen wollen, grundlegende Menschenrechte abspricht und sie in der Ukraine sterben sehen möchte, zeigt in aller Deutlichkeit: Jeder Krieg ist ein entsetzlicher Rückfall in die Barbarei. Nein, anders als von vielen Politiker*innen oft gebetsmühlenartig wiederholt, werden in der Ukraine keineswegs unsere Werte verteidigt. Deserteuren den Tod wünschen oder auch Terrorlisten erstellen für Politiker und Andersdenkende, die sich für ein Ende des Krieges und des Blutvergießens einsetzen, das gehört ganz bestimmt nicht zu den Säulen einer zivilisierten Welt. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und die gesamte EU Deserteuren aus Russland und anderswo Zuflucht gewähren und sie endlich den Schutz und die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Deshalb, im Sinne von Boris Vian: „Bevor die Hähne kräh’n, verrammelt eure Türen“.
Peter Lessmann-Kieseyer, Köln
Bürgergeld – wer lebt ohne Arbeit?
„Faule Argumente“, taz vom 8. 11. 22
Bei der Diskussion ums Bürgergeld wäre es doch sehr hilfreich, einmal die andere Seite der Richterskala in Augenschein zu nehmen. Es kann nicht die Frage sein, ob sich Arbeit dann überhaupt noch lohnt. Viel weiterführender wäre die Betrachtung, wer und warum man in diesem Land ganz ohne Arbeit leben kann. Herbert Göller, Eigeltingen
Tempo, Tempo – schneller lesen?
betrifft: Lesen im Minutentakt
Liebe tazler, ich bin beeindruckt, was Sie alles so auf die Beine stellen: digitaz, tolle App, wochentaz, Kommunikation mit Leser*innen, alles wirklich toll. Aber die Minutenangaben unter den Artikelüberschriften auf taz.de erwecken den Eindruck, Ihre journalistische Arbeit sei ein Fast-Food-Produkt, das man sich in der Mittagspause oder im Bus mal eben so reinschiebt, in der Hoffnung, dass es nicht zu schwer verdaulich sein möge. Ich weiß, dass viele News-Versorger das inzwischen machen, aber das waren für mich dann eben auch nur News-Versorger, die oberflächliche Nachrichten verbreiten. Kann man sich nicht wenigstens bei der taz der Taktung des durchorganisierten Alltags durch Details entgegenstellen? Ich versinke gerne beim Lesen im Artikel. Das tue ich natürlich trotzdem, aber beim Anblick der Minutenangaben komme ich zuerst einmal in Stress: 4 Minuten, schaffe ich das? Oder habe ich sogar 14 Minuten für den nächsten? Was ist, wenn die letzten Zeilen nicht mehr innerhalb der angegebenen Zeit zu schaffen sind? Habe ich dann verloren? Ist eine taz länger oder kürzer als ein Fußballspiel? Muss ich den Wecker stellen?
Sabine Sabranski, Berlin
Symbol für eine große Zukunft
„Als ob die Ukraine zwei Weltmeisterschaften auf einmal gewonnen hätte“, taz vom 14. 11. 22
Liebe tazler, auf diesem taz-Titel – ein großes Foto aus Cherson mit feiernden Menschen. Was steht im Mittelpunkt? Ein SUV von Daimler-Benz! Gibt es ein schöneres Symbol für die große Zukunft des Landes? Ulrich Varwig, Duisburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen