meinungsstark:
Ein bisschen traurig
„Der Kapitalismus ist ein wildes Tier“, taz vom 5./6. 10. 19
Der letzte Satz, „viele Ältere auf einem Haufen wirken unappetitlich“, macht mich sauer. Wirkt ein alter Mensch weniger unappetitlich als viele alte Menschen auf einem Haufen? Warum sollte das so sein?
Ich bin bis vergangenes Jahr häufig in dem Altenheim, in dem meine Mutter ihre letzten Lebensjahre verbracht hat, gewesen. Unappetitlich fand ich die dort gehäuft vorkommenden Alten nicht, aber ein bisschen traurig war ich, weil ich mir vorstellte, wie es wohl ist, zu wissen, dass das Heim die letzte Unterkunft ist, die das Leben noch für sie bereithält. Marrakesch erscheint mir da durchaus eine Alternative zu sein …wenn man(n) es sich leisten kann. Gabriele von Thun, Bremen
Am Kern der Frage vorbei
„0,00006 Prozent“, Brief in der taz vom 28./29. 9. 19
Die Antwort des Energieingenieurs Markus Döpfert geht am Kern der Frage leider vorbei, da er nur den direkten Energieverbrauch durch mobile Endgeräte wie Handys oder Smartphones einbezieht.
Tatsächlich greifen diese Geräte auf im Internet vorgehaltene Inhalte und Funktionen zu, die mit großem Energiebedarf ständig bereitgestellt werden. Viele unserer Daten wandern inzwischen „in die Cloud“ und sind in steigendem Umfang gar nicht mehr auf unseren Geräten. Sie befinden sich in Rechenzentren irgendwo auf der Welt, die unter Energieaufwand betrieben und von wo sie zurückgeholt werden. Der Verzicht auf die Nutzung von Smartphones „für einen Tag“ dürfte den dadurch notwendigen Energieaufwand vermutlich nicht wirklich reduzieren, insoweit stimmt die Antwort Döpferts tatsächlich. Die generellen Auswirkungen des angesprochenen Trends, der unsere Geräte immer vernetzter und interaktiver macht, kann ich zwar nicht quantifizieren (und die Beschränkung auf „in Deutschland“ macht angesichts des globalen Internets auch nicht wirklich Sinn), dass sie potenziell gewaltig sind, möchte ich aber behaupten. Rolf Schmolling, Hamburg
Wunderbare Schmaus-Lyrik
„Ein bisschen wie in Texas“, taz vom 14./15. 9. 19
Stoppt die Maschinen! Der überfahrene Rehrücken samt Kürbisgemüse blieb mir im Halse stecken, als ich am Fuße der Kolumne von Philipp Maußhardt lesen musste, dass diese die letzte aus der brandenburgischen Provinz sein soll. Als taz-am-Wochenende-Abonnent ist die Genuss-Seite die erste, die ich aufschlage – und wenn mir von dort ein Maußhardt-Text entgegenspringt, ist das Wochenende im Prinzip gerettet. Das mag an unserem gemeinsamen Schicksal liegen: Auch ich bin Exil-Schwabe, zwar nicht in Brandenburg, dafür aber im nicht minder bizarren Bayern. Das mag undramatisch klingen, aber was soll man von der Küche eines Landes halten, in dem gekochte (!) Würste zum Frühstück serviert werden?
Maußhardts wunderbare Schmaus-Lyrik verfolge ich seit einem Text vor vielen Jahren, bei dem es um ein Croissant in Tübingen ging. Den Rest der Geschichte hab ich vergessen, aber seitdem war für mich klar: Maußhardt lesen heißt verstehen, dass Essen und Trinken nicht nur Leib und Seele, sondern auch eine Zeitung und die Gesellschaft als Ganzes zusammenhalten. Könnt ihr Philipp Maußhardt bitte an einen ähnlich ergiebigen Ort zwangsumsiedeln, ihm noch mal das Finanzamt auf den Hals jagen, auf dass es in Zukunft Kolumnen über die Knastküche gibt oder euch sonst etwas Originelles einfallen lassen? Urban Ewald, Dachau
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