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meinungsstark

Frau Eisenmann, der Hemmschuh

„Die schwäbische Schwertgosch“, taz vom 27./28. 7. 19

Bei Susanne Eisenmann, die Rambo aus dem schwäbischen Heumaden, zeigt schon das Stadtwappen, wo es langgeht: Die gekreuzte Heugabel mit dem Rechen wurde das Symbol für die Arbeitsweise der Kultusministerin. Wer nicht schnell genug aus dem Weg kommt, wird umgedreht und mit dem Rechen entsorgt. Die Attribute burschikos, unerschrocken, Schwertgosch oder durchsetzungsstarke Person verniedlichen das, was die Kultusministerin wirklich anrichtet.

Schließlich hat sich Frau Eisenmann als Hemmschuh von Projekten ihrer Vorgänger ausgezeichnet: Der Ausbau von Ganztagesschulen, die pädagogische Ausgestaltung der Inklusion, die Fremdevaluation an Schulen und einiges mehr wurden verlangsamt, verhindert oder abgeschafft. Ihre verbindlichen Leitfäden an die Lehrerschaft treibt den Lehrkräften die Zornesröte ins Gesicht. Für wie dumm hält Frau Eisenmann ihr Personal? Oder anders ausgedrückt: Der Spielraum, der den LehrerInnen für ihren eigenverantwortlichen Unterricht bleibt, wird enger. Dafür werden auch die neuen Institute sorgen – Institut für Bildungsanalyse sowie das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung –, da Analyse und Kontrolle eng beieinander liegen werden. Ihre Aussage, dass es kein Recht auf pädagogische Freiheit gebe, lässt erahnen, wie sie denkt.

Frau Eisenmann tut mal wieder so, als müssten pädagogische Leitsätze und Prinzipien neu erfunden werden, anstatt die Schulen mit entsprechender Manpower auszustatten. Die Inklusion, eines der wichtigsten Projekte der letzten Jahrzehnte, verhungert am langen Arm. Gemeinschaftsschulen starten ohne entsprechende Unterstützung und Übergangszeiten. Die Unzufriedenheit der Kollegien wächst und wächst. Junge KollegInnen sind mit vielfältigen Aufgaben, Klassenführung und Organisation von bürokratischen Anforderungen völlig überfordert. Wichtige Projekte, wie die Digitalisierung, gehen im Schneckentempo voran. Die Vorzeige-App „Ella“ wurde millionenschwer in den Sand gesetzt. Die fehlenden Lehrkräfte an verschiedenen Schularten produzieren massenhaft Ausfall von Unterricht.

Nun wurde Frau Eisenmann zur Spitzenkandidatin ihrer Partei gewählt. Bei der Lehrerschaft ist man sich nicht einig, ob das Glücksgefühle bei weiteren vermuteten Karriere­sprüngen auslösen sollte oder ob die Bestürzung über die Fortsetzung des Grauens überwiegt. Wolfgang Rauch, Kronau

Sie schaden ihren Nächsten

„Klimakrise? Schäm dich!“, taz vom 1. 8. 19

Tadzio Müller vergleicht Flugscham mit Scham, die bei queeren Menschen erzeugt wurde oder zu erzeugen versucht wurde. Er unterscheidet zwischen rationalen Argumenten und Shaming und schreibt: „Die Scham unterscheidet sich vom ,schlechten Gewissen‘, das ein reflektierendes und entscheidungsfähiges Subjekt anruft: ,benutz nicht das N-Wort, weil es Rassismen reproduziert‘, ist eine völlig andere Aussage als ,schäm dich für dieses rassistische Wort‘.“

Dazu zwei Punkte. Erstens: Es geht niemanden etwas an, wer wen liebt, öffentlich oder nicht öffentlich. Wenn zwei Menschen sich lieben, schaden sie niemandem. Im Gegenteil: meist geht es beiden besser als ohne Liebe und somit hat auch das gesamte Umfeld der sich Liebenden ein schöneres Leben.

Das ist beim Fliegen leider anders. Menschen, die fliegen, schaden anderen Menschen. Sie schaden sich, ihren Nächsten, aber auch denen, die vom Abschmelzen der Gletscher oder dem Anstieg der Meeresspiegel betroffen sind. Sie entziehen diesen oft viel ärmeren Menschen die Lebensgrundlage.

Zweitens: Die rationalen Argumente sind ausgetauscht. Sie wurden 30, 40 Jahre wiederholt, und das in verstärktem Maße in den letzten Jahren, in denen die Folgen der Klima­krise sichtbar und fühlbar wurden. Denjenigen, die rationalen Argumenten nicht zugänglich sind, kann man also nur zurufen: Schäm dich! Gesellschaften ändern sich langsam, im Fall der Klimakrise wahrscheinlich zu langsam, aber wenn Personen, die andere zu einem Abend mit Dias von ihrem China-Urlaub einladen, nur entsetzte Blicke ernten, dann ändert sich vielleicht doch etwas. Stefan Müller, Berlin

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