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Archiv-Artikel

mediensplitter Bösartig platzende Bahn-Gebäude

Wenn die Bürger des alten Athens Angst hatten, einer der ihren könne zu mächtig werden – oder er ihnen einfach nur schrecklich auf die Nerven ging –, beriefen sie ein Scherbengericht ein. Jeder schrieb den Namen seines Lieblingsfeindes auf eine Tonscherbe, dann wurde ausgezählt. Die „most hated person“ musste zehn Jahre die Stadt verlassen. Womit wir schon nicht mehr im Jahr 487 v. Chr. sind, sondern im Hier und Jetzt und bei Hartmut Mehdorn.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

„Splitterregen am Bahn-Tower“, titelte gestern eine Zeitung, eine andere listete „gefährliche Glaskonstruktionen in Berlin“ auf. Wer jetzt besserwisserisch anmerkt, aus der Fassade des Hochhauses seien doch nur ein paar Brösel aus Sicherheitsglas auf den Bürgersteig gerieselt, die im Leben niemanden verletzt hätten, verkennt die Dramatik des Vorgangs. Mehdorn und Glas, das ist eine unglückselige, eine schicksalhafte Verbindung. Nach Bröckel-Bahnhof und Splitter-Tower ist endgültig klar: Alles, was Mehdorn anfasst, geht zu Bruch. Wer sitzt künftig noch entspannt im ICE auf dem Fensterplatz? Und woraus waren nochmal die Panorama-Aufzüge im Hauptbahnhof?

Wir wollen hier nicht den Mehdorn an die Scheibe malen. Aber vielleicht sind Ticketbestellungen online am Röhrenbildschirm gerade einfach nicht klug. Man kann die Vision bösartig platzender Gebäude, die ihre Umgebung mit Killerscherben beschießen, auch psychologisch deuten. Die Medienmacher haben mit Mehdorn schlicht ihr ganz persönliches Scherbengericht veranstaltet, oft genug gepiesackt hat uns der Bahnhof-Zoo-Abmelder ja. Nur leider lässt er sich nicht verbannen. Und in der Logik des Klimawandels wird der Wirbel vollends verständlich: Schließlich befinden wir uns mitten im Sommerloch.