machtkampf in der cdu: Chaostruppe, nicht regierungsfähig
Der Zeitpunkt schien dem Exchef der Unionsfraktion günstig: Kaum gerät seine Nachfolgerin Angela Merkel in ihrer neuen Doppelfunktion als Partei- und Fraktionschefin erstmals in die Kritik, da will auch das Merkel-Opfer Friedrich Merz seinem Ärger Luft machen. In den düstersten Farben schilderte Merz am Wochenende, mit welch finsteren Methoden ihn Merkel aus dem Amt mobbte. Um sich den Konservativen als Mann der Zukunft zu präsentieren, blies er auch gleich zum Frontalangriff auf die Gewerkschaften – und riet den Arbeitnehmern in der CDU zum Gewerkschaftsaustritt.
Kommentar von RALPH BOLLMANN
Dumm nur, dass Merz dabei ein paar Kleinigkeiten übersehen hat. Zum Beispiel, dass in wenigen Wochen zwei wichtige Landtagswahlen stattfinden. Zum „falschen Zeitpunkt“ habe er seinen Unmut über Merkel öffentlich gemacht, findet selbst der erklärte Merkel-Gegner Jörg Schönbohm. In der jetzigen Lage weckt Merz’ Philippika eher Erinnerungen an jenes Interview, in dem er sich vor zwei Jahren eine wilde Jugend im Sauerland erfand. Oder an einen anderen Exvorsitzenden – an den glücklosen Sozialdemokraten Rudolf Scharping. Auch der hatte sich seinen Nachfolgern stets überlegen gefühlt, das immer wieder öffentlich gesagt und sich damit um Kopf und Kragen geredet.
Eines immerhin hat Merz mit seiner Offensive geschafft: Er hat die Aufmerksamkeit des Publikums, die sich seit Wochen auf die rot-grünen Kalamitäten konzentrierte, wieder auf die Krise der Union gelenkt – und auf die Qualität ihres politischen Personals. Denn auch der andere Hoffnungsträger der CDU-Rechten, Hessens Ministerpräsident Roland Koch, hat sich mit seinem missglückten Judenstern-Vergleich als politischer Amokläufer erwiesen. Und während sich Exkanzlerkandidat Edmund Stoiber wieder nach München bequemt hat, müht sich Angela Merkel bislang vergeblich um ein neues Profil als Oppositionsführerin im Parlament.
Alles in allem vermittelt dieses Personaltableau keinesfalls das Bild einer regierungsfähigen Partei, die nur durch Wahlbetrug von der Macht fern gehalten wurde. Da mögen SPD und Grüne in den letzten drei Monaten noch so viel Chaos angerichtet haben – die Union, so lautet die Botschaft des Merz-Interviews, kann da locker mithalten. Und weil eine Niederlage Kochs so gut wie ausgeschlossen scheint, werden auch die Landtagswahlen an der innerparteilichen Konstellation wenig ändern.
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