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Archiv-Artikel

logo der hauptstadt Trendiger Telespargel

Schon bei seiner Fertigstellung im Jahr 1969 war der Fernsehturm die Speerspitze der Ostberliner Design-Avantgarde. Nach dem Fall der Mauer entdeckten dann junge Kreative den „Telespargel“ als cooles Hauptstadtlogo – und traten damit eine wahre Manie-Lawine los. Seitdem ist kein Material und keine Oberfläche mehr vor ihm sicher. Inzwischen haben sich im Schatten seiner prägnanten Silhouette unzählige kleine Mode-, Design- und Grafiklabels entwickelt. Vor allem die jungen Berlinbesucher aus aller Welt freut’s: Statt dröge Drucke des Brandenburger Tors mit nach Hause zu nehmen oder kleine Kunstschneekugeln mit Mauerresten, erinnert sie das Turmsouvenir an ihre Visite in der Hauptstadt.

In den letzten Jahren kam es zu einer regelrechten Fernsehturmschwemme. In Berlindesignsouvenirboutiquen wie Berlinomat oder Luxus International ist die ganze Türmchenvielfalt versammelt: T-Shirts der Marke Volksdesign, Filztürmchen zum Kuscheln oder als Schlüsselanhänger, Ohrringe, Küchenbrettchen von Berliner Töchter, Fototapeten von dr. nice, um nur ein paar Klassiker zu nennen.

Im Laden „ausberlin“ am Alex finden sich, direkt gegenüber dem Original, ein „Berlinparfum“ im Turmflakon, eine Faltlampe, ein Bastelbogen und das Gesellschaftsspiel „Berlinomanie“, bei dem die Stadtbezirke miteinander um den Turmbau wetteifern. Der größte Renner ist ein Modell zum Selberbasteln aus Gips und einer kleinen Diskokugel.

Einigen ist das inzwischen zu viel. Ladenbetreiber Darius Wientzek etwa ist von der Turminflation genervt: „Neue Produkte in Fernsehturmform lehnen wir ab. Wir haben mehr als genug.“

Einen illustrierten Überblick über den Hype gibt das im vergangenen Jahr erschienene Buch „Von der Partei zur Party. Der Berliner Fernsehturm als grafisches Symbol 1969–2003“. Wer dem Symbol hingegen auf sinnliche Weise den Garaus machen will, der beiße in einen Schokoladennachbau der Chocolatiers Fassbender und Rausch. NINA APIN