piwik no script img

Archiv-Artikel

literarische woche

Von PS

Dienstag: Zeit haben. Sie bildet eins der letzten und aktuellsten Rätsel dieses unseres Planeten: die Frage, wie mensch mit der Zeit umgeht. Wie es kommt, dass sie sich bei manchem unerklärlich zu vermehren, jedenfalls zu dehnen scheint, während andere hetzen und hetzen, ohne dass sie das Gesparte je irgendwo vorfinden würden. Der alte Geheimrat Goethe etwa nahm alles mit Ruhe – und tummelte sich doch auf verschiedensten Gebieten, schrieb unter anderem 4000 Seiten über naturwisschenschaftliche Themen. Alles veloziferisch oder Goethes Entdeckung der Langsamkeit heißt das Buch, das Manfred Osten, seit acht JahrenGeneralsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und jetzt Gast des Philosophischen Cafés, geschrieben hat; der Abend trägt den Titel Zeit, Langsamkeit und teuflische Ungeduld. Und vielleicht diskutiert man auch die Frage, ob die Zeit vielleicht eher in der Intensität – also vertikal – anstatt horizontal (auf der Zeitleiste, atemlos immer gerade aus) zu dehnen sei.

19 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38

Auch Dienstag: Träumen. Klingt alles so kindisch, und man ist längst herausgewachsen, kurz: Der Erwachsene weiß schließlich ganz genau, dass die Welt alles andere als traumhaft ist, dass Phantasie bloß die akkurate Wahrnehmung der pragmatischen Umwelt stört und dass man sich besser mit harten Fakten und Zahlen als mit Worten oder Bildern beschäftigt. Die meisten bleiben dabei, sind stolz auf diese in Jahrzehnten mühsam antrainierte Haltung; alles andere ist Narren und Kindern vorbehalten. Wer sich allerdings nicht von allerlei „Sachzwang“-Argumentationen einlullen, einsaugen lassen möchte, kann sich getrost der eigens für Erwachsene anberaumten Märchenstunde hingeben, die das Hamburger Märchenforum jetzt veranstaltet: Unter dem Motto Märchen am Abend erzählt Angelika Richer seelenruhig Märchen für Erwachsene.

19.30 Uhr, Bürgerhaus Barmbek, Lorichstr. 28

Mittwoch: Bücher bestellen. Über Angebot und Nachfrage lässt sich – gerade in diesen verordnet depressiv-rezessiven Zeiten trefflich streiten. Selbstverständlich auch bei Büchern, deren Herstellung, sofern es sich nicht um Lyrik handelt, doch enorme Papiermassen bindet, vom organisatorischen Aufwand der Herstellung ganz zu schweigen. Was läge da näher, als das Prinzip der „Books on Demand“ irgendwann flächendeckend einzuführen und ganz nebenbei die Buchläden abzuschaffen? Kleiner Pferdefuß wäre zwar, dass man nicht mehr kurz anlesen kann, was man dann vielleicht kauft, aber ein bisschen Vor-Bewusstsein kann man vom mündigen Bürger des 21. Jahrhunderts schließlich erwarten. Oder? Books on Demand – ein neuer Weg zum Leser? heißt eineVeranstaltung des Literaturzentrums im Literaturhaus, die den Journalisten Dieter Brumm, die Autorin Norgard Kohlhagen und Rodja Smolny vom BoD-Verlag „Mein Buch“ zusammenbringt.

20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38

Donnerstag: Machtspiele. Es hat sich zwar schon herumgesprochen, dass die Auferstehung Darwins in diesen Tagen getrost gefeiert werden kann und dass, wer an die nachhaltige Entwicklung – den Fortschritt? – weltpolitisch-zivilisierten Verhaltens glaubte, dringend wegeschlossen gehört. Dies en détail zu diskutieren, bietet sich in gewissen Abständen dennoch an, etwa im Anschluss an den Vortrag über Macht und Ohnmacht: Amerika und Europa in der neuen Weltordnung. Robert Kagan vom Carnegie Endowment for International Peace in Washington wird in englischer Sprache über dieses Europa bewegende Thema referieren.

19 Uhr, Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64 PS