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Archiv-Artikel

letizia ortiz Die Königin aus dem Fernsehen

LETIZIA ORTIZ (31) ist geschieden und heiratet im Frühsommer Thronfolger Felipe (35). Warum nicht? Oder geht nicht? Spanien ist gespalten.

Letizia Ortiz ist eine der bekanntesten Fernsehjournalistinnen Spaniens. Zuletzt arbeitete sie beim staatlichen TVE. Ob als Nachrichtensprecherin oder als Reporterin nach dem 11. September, beim Unglück der Prestige oder im Irak, Ortiz gehört trotz ihrer jungen Jahre zur Elite des spanischen Journalismus.

Jetzt erfährt das Publikum alles über die Person hinter dem Fernsehgesicht. Was da berichtet wird, wäre eigentlich nicht sonderlich interessant, ginge es nicht um die künftige Monarchin Spaniens. Die attraktive Blondine ist Tochter eines geschiedenen Radiojournalisten. Sie selbst war bereits einmal verheiratet. Seit ihrer Scheidung lebt sie in einem der unzähligen Wohnblocks am Stadtrand Madrids.

Eine sympathische junge Frau. Aber taugt sie auch als Königin? Im erzkatholischen, traditionellen Spanien ist für viele eine Scheidung noch immer ein Makel. „Keiner soll sagen können, er habe mit der Königin geschlafen“, soll laut Presse König Juan Carlos I. seinem Sohn Prinz Felipe einmal erklärt haben. Selbst 30 Prozent der meist von Linken gelesenen Tageszeitung El Mundo sehen dies bei einer Internetumfrage so. Sie sprechen sich gegen Ortiz als Frau des Prinzen aus. Nur für den Kardinal Rouco Varela, der das Paar im Frühsommer in der hauptstädtischen Kathedrale trauen wird, ist die Vergangenheit der Braut kein Problem. Sie hatte ihren Ex nur auf dem Standesamt geehelicht. Für die katholische Kirche hat diese Verbindung deshalb nie existiert.

Der Ablehnung bei den meist Ältern steht die steigende Sympathie bei den Jungen gegenüber. „Felipe erobert die 30- bis 40-Jährigen“, war am Wochenende auch zu lesen. Die Kritik an Ortiz’ Herkunft und Vergangenheit spielt beim jüngeren Teil der Bevölkerung kaum eine Rolle. Galt für sie der Prinz – der in einer der großen öffentlichen Universitäten Madrids studiert hat – bereits bisher als modern, gebildet und vor allem als junger Erwachsener, der über die Probleme der heutigen Gesellschaft nachdenkt, sehen sie jetzt in ihm noch mehr einen der Ihren.

Doch genau da beginnt das Problem. Je mehr ein künftiger Monarch ein junger Erwachsener wie jeder andere ist – und die Königin gar eine wie du und ich, um so überholter steht die Monarchie als Institution da. In den in Spanien so populären Radiodebatten nehmen sich seit Samstag konservative Monarchen und überzeugte Republikaner gleichermaßen der Hochzeit des Prinzen und ihrer möglichen Auswirkung auf die Legitimität der Monarchie an. „Wir sind von Prinzessinnen umgeben, ohne dies bemerkt zu haben“, meinte gestern ein Radiosprecher.

REINER WANDLER/MADRID