leserinnenbriefe :
Nach den Wahlen
■ betr.: „Mehr Profit“, taz vom 29. 9. 09
Die Wahlen sind vorbei, jeder macht auf seine Weise das Beste aus dem Ergebnis: Die Stromerzeuger verlangen am Tag 1 danach längere Laufzeiten für ihre Atommeiler, und ich kündige deswegen am Tag 2 danach dem örtlichen Monopolisten den Stromlieferungsvertrag und beauftrage einen Anbieter, der ausschließlich regenerativen Strom führt. Nichts tun heißt resignieren, das können wir uns nicht mehr leisten.
Stromerzeugung mittels Kernspaltung braucht irgendwann einmal eine Endlagerung. Wie ich den Medien entnehme, sind schlaue Köpfe auf die Idee gekommen, das könne auch in Süddeutschland geschehen, nachdem sich die Wenden so bockig und uneinsichtig gezeigt haben. Mein Kommentar: Herzlich willkommen, ich könnte sogar ein paar Standorte vorschlagen, Wyhl zum Beispiel oder Mutlangen, und unsere bayrischen Nachbarn könnten Wackersdorf samt Zaun nominieren.
Meine Generation hat die Nutzung der Atomenergie vielleicht nicht verbrochen, aber auf jeden Fall geduldet und nicht verhindert. Auch ich habe die friedliche Nutzung der Kernkraft anfangs begrüßt. Heute aber sehe ich die Verpflichtung gegenüber den folgenden Generationen, die zwangsläufig anfallenden Abfälle möglichst sicher zu lagern. Zu dieser Mitarbeit bin ich aber erst bereit, wenn der letzte Meiler abgeschaltet ist, um den Rattenfängern jede Möglichkeit zu nehmen, die Endlagerung als gelöst zu verkaufen. Nach meiner Einschätzung wird die Endlagerung ebenso riskant sein wie heute der Betrieb, und das ohne zeitliche Begrenzung, wie der Fall Asse zeigt.
GUNTER MOHR, Leutkirch im Allgäu
Verbesserungsvorschläge
■ betr.: „Volkstrauer per S. 1“, taz vom 6. 10. 09
Es ist doch gut, dass positives Verhalten gewürdigt und damit verstärkt wird! Der Artikel betont am Ende jedoch pauschal das Negative. Gäbe es zum Beispiel am größeren Umsteigebahnhof Donnersberger Brücke, wo die Tragödie ihren Anfang genommen hatte, einen ständigen Bahnpolizeiposten, dann wäre schon dort weitere Unterstützung bereit gewesen. So aber wurde der gefährliche Konflikt an eine dafür besonders ungünstige Station transportiert. Auch hier war die Notrufsäule außer Betrieb. Der Bahnhof Solln: zwei getrennte Bahnsteige, dazu so gekrümmt, dass man von dem einen Ende nicht zum anderen sehen kann. Die meisten Aussteigenden bleiben nicht stehen, Wartende gibt es zumeist am Nachbarsteig. Der aber ist nicht nur von einem tiefen Gleisbett und einer recht hohen Absperrung vom Tatort getrennt, aus der nicht einsehbaren Kurve sind auch jeden Moment einfahrende Züge zu erwarten. Mir hat man erzählt, dass einige der Wartenden verzweifelte Proteste hinübergeschrien haben. Etliche, die keine Hilfe bringen konnten, werden sich dabei auch schrecklich hilflos gefühlt haben.
BRIGITTE PLEGER, Großhesselohe
Dafür lohnt es sich zu kämpfen
■ betr.: „Nicht nebenher zu machen“, Danuta Sacher zum Entwicklungshilfe-Ministerium, taz vom 8. 10. 09
Schwarz oder Weiß – abschaffen oder beibehalten! Das sind wieder mal die zwei einzigen Ansätze, die den meisten Gegnern und Befürwortern eines eigenständigen Entwicklungsministeriums in den letzten Wochen einfallen. Schlimmer noch, die meisten Befürworter sehen nicht, welche Chancen ein Entwicklungsministerium mit breiter fachlicher Koordinationskompetenz für die Armutsbekämpfung vorhält. So auch der Meinungsartikel von Danuta Sacher. Hier beschneidet die Autorin ihren eigenen gut gemeinten Ansatz, den Erhalt des Entwicklungsministeriums, in dem sie einen zahnlosen Tiger in Form eines kompetenzlosen Rumpfministeriums für Entwicklungshilfe vorschlägt.
Genau das Gegenteil ist richtig! Wir müssen dafür Sorge tragen, dass zukünftig alle nicht-traditionellen ODA-Kompetenzen unter der Richtlinienkompetenz des BMZ vereinigt werden. Die Versöhnung der außenwirtschaftlichen Interessen des deutschen Mittelstands mit den entwicklungsrelevanten Antworten des BMZ wird einen nachhaltigen Wirtschaftsaufbau in den deutschen Partnerländern erzeugen.
JÜRGEN KLIMKE, MdB, Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung