piwik no script img

Archiv-Artikel

leserinnenbriefe

Wer verursacht hier was?

■ betr.: „Öko macht den Strom teurer“, taz vom 15. 10. 10, Solarstrom boomt – und kostet mehr“, „Teure Atomkraft“ u. a,taz vom 16. 10. 10

Was treibt Herrn Janzing, im Leitartikel das „Verursacherprinzip“ zu bemühen, um die Beteiligung von uns allen an den Kosten der Solarenergieförderung zu rechtfertigen? Wer verursacht hier bitte was? Herr Reimer zeigt indirekt durch den ersehnten Kostenvergleich den großen Schwindel auf: Wir alle finanzieren über unseren Strompreis die Förderung der Erneuerbaren mit demnächst 3,5 Cent/kWh, aber alle, die Steuern zahlen, subventionieren die Kernkraft mit mindestens 4,3 Cent/kWh – still, heimlich und versteckt, denn die Kernenergie muss ja als die billigste angepriesen werden! Die Kosten für die Polizeieinsätze anlässlich von Demonstrationen und Castortransporten sind anscheinend noch gar nicht mit eingerechnet …

Nach dem Verursacherprinzip geht es hier ganz und gar nicht! Gerechter wäre es, Subventionen, ökologische Folgekosten, Schutz und Versicherungen für Kohle- und Atomstrom anteilig den Beziehern dieser Stromquellen aufzubrummen, und diejenigen für die Erneuerbaren den entsprechenden Kunden. Da gäbe es die Energiewende schneller, als es alle Versorger umsetzen könnten – und Regierung und Freunderln es wollen! SABINE MIEHE, Marburg

Atomlobby ärgern

■ betr.: „Öko macht den Strom teurer“, taz vom 15. 10. 10

Wäre es nicht sinnvoll, wenn nur diejenigen, die keinen Ökostrom beziehen, einen Aufschlag auf den Strompreis bezahlen müssten? Ökostrombezieher fördern ja allein dadurch, dass sie Ökostrom beziehen, schon die erneuerbaren Energien.

Außerdem würden dann vielleicht mehr Leute ihren Stromanbieter wechseln, doch das will die Bundesregierung wahrscheinlich gar nicht, da das die Atomlobby verärgern würde.

MASCHA NEUMANN, Göttingen

Insgesamt mehr Wohlstand

■ betr.: „Öko macht den Strom teurer“, taz vom 15. 10. 10

Auf die Kilowattstunde Strom nun 3,5 Cent mehr, monatlich keine 5 Euro pro Person, heißt auch weniger Vergeudung, und das Geld bleibt hier. Erst die Arbeitsplätze, denn Solarbetreiber konsumieren, investieren, zahlen Steuern. Sonst müssten wir an anderer Stelle noch mehr zahlen: Jede einzelne Solaranlage bringt weniger Energieimporte, weniger Geldabflüsse, letztlich insgesamt mehr Wohlstand. JOHANNES LAUBROCK, Aurich

Ausdruck tiefer Unzufriedenheit

■ betr.: Stuttgart 21

Der nicht nachlassende Protest gegen Stuttgart 21 ist Symptom, nicht Ursache. Ausdruck einer tiefen Unzufriedenheit und Wut weiter Teile der Bevölkerung dagegen, wie und für wen in Deutschland Politik gemacht wird. Nutznießer sind zunehmend einflussreiche Klassen und Schichten: Banker, Geldadel, Kapitalanleger und Investoren. Gleichzeitig werden dem Volk beispiellose Spar- und Abgabenzwänge auferlegt und quasi als conditio sine qua non verkauft: „Wir leben über unsere Verhältnisse“. Aber wer ist eigentlich „wir“?

Zudem werden politische Entscheidungen nicht mehr transparent genug kommuniziert. Das Volk bleibt außen vor, wird in die politischen Entscheidungsfindungen zu wenig oder gar nicht eingebunden, deren Kosten und Konsequenzen aber dann von allen mitgetragen werden müssen – notfalls mit dem Hinweis auf „Systemrelevanz“. Als ob zum Beispiel Bildung nicht systemrelevant wäre.

Im Aufstand gegen das Stuttgarter Bahnprojekt entlädt sich, bewusst oder unbewusst, auch aufgestauter Unmut, es herrscht Basisdemokratie, französische Verhältnisse sind auch bei uns eingekehrt. Zu Recht, wie ich meine. ANNETTE SAPPOK-STANG, Inning