landwehrkanal : Erstürmt die Wipfel
Der Gutachter vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) hat es selbst zugegeben: Nicht die Bäume gefährden die Stabilität des Landwehrkanal-Ufers, allein das Mauerwerk ist marode. Und das kann theoretisch repariert werden, ohne die Bäume zu fällen, die Jahrzehnte gebraucht haben, um diese Pracht überhaupt zu erreichen. Dass WSA-Chef Hartmut Brockelmann dennoch an der Baumfällung festhält, zeigt: Dieser Behördenchef ist seiner Aufgabe nicht gewachsen.
KOMMENTAR VON FELIX LEE
Jahrelang hat sein Amt geschlafen, Sanierungen aufgeschoben und es zugelassen, dass immer größere Fahrgastschiffe die Ufermauern unterhöhlen. Nun erkennt das WSA plötzlich den desolaten Zustand – und gibt den Bäumen die Schuld.
Dass aus ein paar versprengten Baumschützern längst eine entschlossene Kiezbewegung entstanden ist, mit der weit über die Bezirksgrenzen hinaus sympathisiert wird, hat aber auch mit der katastrophalen Informationspolitik des WSA zu tun. Erst verkündet das Amt, 200 Bäume müssten dran glauben. Dann sind es doch „nur“ 41. Anschließend verprellen sie das Bezirksamt, indem sie entgegen allen Absprachen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Motorsäge anwerfen. Und schließlich sperren sie den Kanal für den Fahrgastverkehr, um auch noch die Reedereien und die Baumschützer gegeneinander auszuspielen. Eine verlogene Taktik.
Gutachter haben gesprochen, Politiker sich um Kompromisse bemüht. Aber das WSA bockt weiter. Ganz offensichtlich versteht die Behörde nur eine Sprache: Ungehorsam. Der ist nun auch angebracht.
Einen schönen Nebeneffekt werden die nun zu erwartenden Baumbesetzungen mit sich bringen: Die einst widerspenstigen Hausbesetzer von Kreuzberg, die sich entlang dem Ufer längst eine grüne Großstadtidylle geschaffen haben, gehen wieder auf die Straße. Das reanimiert alten Kampfgeist und zeigt: Um das Gemeinwohl muss kontinuierlich gekämpft werden.