landser-prozess : Mit Paragrafen gegen Hass
Ungestört konnte die Neonaziband Landser ein Jahrzehnt lang Hassmusik gegen Migranten, Juden und Linke verbreiten. Die Zusammensetzung der Band, die ihre Mitglieder und ihr engstes Umfeld aus der Neonazirockergruppe Vandalen und dem in Deutschland verbotenen Netzwerk Blood & Honour rekrutierte, war in der Neonaziszene ein offenes Geheimnis. Doch jahrelang verharmlosten staatliche Stellen rechtsextreme Musikstrukturen.
Kommentar von HEIKE KLEFFNER
Landser wurde sogar staatlich gefördert. Die Karriere der Band begann 1992 in einem Jugendclub in Ostberlin. Während Wochenende für Wochenende Brandsätze auf Flüchtlingsheime geworfen wurden, schenkte ein Sozialarbeiter Landser das erste Schlagzeug. Und ein Bundesprogramm „gegen Aggression und Gewalt“ finanzierte den Sozialarbeiter. Ende der 90er-Jahre hatte der brandenburgische Verfassungsschutz seine Finger sogar mittendrin im profitablen Business mit Hass und Gewalt: V-Mann Toni Stadler druckte die Cover der Landser-CD „Ran an den Feind“, in der offen eine Rückkehr zum Nationalsozialismus gefordert wird.
Die Bundesanwaltschaft erhofft sich nun von dem Prozess gegen Landser eine Signalwirkung an die gesamte rechte Szene. Der umstrittene Paragraf 129 zur Bekämpfung „krimineller Vereinigungen“ soll da herhalten, wo Parteien- und Organisationsverbote nicht greifen können. Doch ein Blick auf die steigenden Zahlen rechter Konzerte außerhalb Berlins, die kontinuierliche Aktivitäten anderer Neonazibands aus Berlin und die Zunahme rechter Gewalttaten machen vor allem klar: Mit „Musterprozessen“ und der Ausdehnung strafrechtlicher Normen gewinnt man im Kampf gegen Rechtsextremismus wenig. Denn noch immer fühlen sich die Hassmusiker als „Vollstrecker“ von Stammtischen und institutionellem Rassismus. Dagegen helfen Paragrafenkeulen wenig.