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ladenschlussLöchrig wie ein Käse

Alle Jahre wieder kommt es über Berlin wie die Beulenpest über den eingebildeten Kranken. Plötzlich hebt ein rituelles Leiden an eingeredeten Symptomen an. Die Rede ist von der Debatte über den Ladenschluss. Ungeachtet dessen, dass das Berliner Ladenschlussgesetz ohnehin bereits löchrig ist wie ein Schweizer Käse, schwillt insbesondere der unternehmernahe CDU-Chor regelmäßig zum Bocksgesang an. Dann wird behauptet, eine Aufhebung der Ladenöffnungszeiten an Werktagen sei investoren- und existenzgründerfreundlich.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Längst aber zeigen die Erfahrungen: Einzelhändler profitieren am wenigsten von einer Liberalisierung. Gewinner sind die Warenhausketten und Großhändler, die Verlierer sind deren VerkäuferInnen. Dennoch skandiert die Öffnungslobby die immer gleichen fadenscheinigen Argumente. Berliner Touristen stünden am Wochenende vor verschlossenen Türen. Auch da gibt es längst gesetzliche Freiräume. Touristenbedarf, und der ist locker definiert, darf in der City nahezu unbegrenzt verkauft werden. Richtig ist der Vorwurf der Union, die rot-rote Koalition habe sich in dieser Frage unbeweglich gezeigt. Kein Wunder, denn darüber hat der neue Senat noch gar nicht debattiert. Sicher, ein Versäumnis. Richtig ist auch der CDU-Hinweis, dass Berlin bereits 1999 dem Bundesrat vorschlug: wochentags bis 22 Uhr, aber sonntags nie. Eine einheitliche Regelung ist wünschenswert, aber bitte mit dem richtigen Argument: Hier geht es lediglich um eine Anpassung an individualisierte Lebens- und Einkaufsverhältnisse. Falsch ist, dass sich damit ein müder Euro mehr verdienen lässt.

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