kurzkritik : Mobiles Wohnklo
Am Anfang steht das „verzichten“. Für satte 150 Euro kann man sich diesen Schriftzug ans Revers heften – in vergoldeter Form, wohlgemerkt. Verzicht hat seinen Preis.
Wer solchermaßen ausgerüstet ist, kann sich überzeugend auch dem nächsten Objekt der Ausstellung „Changing Habitats: Kunstpraxis und Stadtentwicklung“ nähern: Der Kombination aus einem alten Fahrrad und einem winzigem Wohnklo mit integrierter Küche und Schlafplatz. Witzig anzusehen ist’s allemal – ausleihbar auch. Kunstperformance nennt sich das dann. Ist das die Wohnform der Zukunft in Zeiten von Hartz IV? Die Hühner im Anbausatz „City Farming“ haben ja auch nicht mehr Platz.
Die Ausstellung dafür umso mehr, einigermaßen beliebig verstreut sie ein halbes Dutzend Ideen aus ganz Europa. Die meisten sind nur mit zwei, drei dürren Fotos präsent, kleinteilig verlieren sie sich in der Weite des Raumes. Mit Kunst indes haben die meisten Exponate wenig am Hut.
Und so hat auch eine ebenso modische wie die unauffällige „G:Jacke“ ihren Platz in der Ausstellung gefunden. Maßgeschneidert für den individuellen Bedarf der gemeinen Frau aus Gröpelingen, sieht sie doch aus „wie jede Jacke“, freut sich ihre Designerin. Recht hat sie. Für 179 Euro erhebt sie den Mainstream zur Kunst. Begreift das Kleidungsstück hochtrabend als „tragbare Skulptur ohne Ort“. Man kann das aber auch für Geschwätz halten. Jonas Zahl
Zu sehen in der Gesellschaft für angewandte Kunst, Teerhof 21, vom 22. April bis 29. Mai (11 bis 18 Uhr)