kurzkritik : Sound of Science
Wenn Journalisten doch so schöne Worte über Musik machen könnten wie die Musiker Töne! „Sound of Science“ war angekündigt: ein Konzert der Kammerphilharmonie in der Glocke und nachts ein Schlagzeugereignis auf dem Marktplatz. Der ZDF-Moderator Wolfgang Herles sollte erklären, wie alles zusammenhängt.
Und wie hängt alles zusammen? Irgendwie ist ja alles Schwingung, oder? Irgendwie. Die Kammerphilharmonie spielte beschwingt, auch wenn der angekündigte tiefere „Sound-of-Science“-Zusammenhang zwischen Haydns Trompetenkonzert und Hindemiths (vergleichsweise disharmonischer) Symphonie „Die Harmonie der Welt“ nicht recht deutlich wurde. Immerhin sorgte Hannu Luntu mit seinem über Strecken fast tänzelndem Dirigat auch für sichtbare „Schwingungen“. Dem dank der prominenten Sponsoren (EADS bis KPMG) vielfältigen Publikum, das anfangs nach jedem „Lied“ Applaus spenden wollte, wurde sogar Ligetis „Ramification“ beigemischt, eine wenig harmonische Klangcollage voller Schwebungen.
Der Marktplatz, auf dem das Konzert zwischen Bierständen und Sommerfestlaune übertragen wurde, war noch voller als die Glocke. Viele hatten sich ihre Klappstühle mitgebracht, um den ersten lauen Sommerabend dieses Jahres zu genießen. Kurz nach 23 Uhr begann dort nach der EADS-Reklame der Pulsar zu pochen: Schwingungen, die 6.000 Lichtjahre im Universum unterwegs waren, bevor sie aufgefangen und auf dem Marktplatz in pulsende Schlag-Geräusche umgewandelt wurden. Das Schlagzeugensemble Antares der Kammerphilharmonie integrierte diese Pulse in Griseys Schlagzeugstück „Le Noir de l’Étoile“, und mehr als 2.000 Schaulustige konnten sich dank der galaktischen Video-Clips auf der Leinwand und der Surround-Installation der sechs Bühnen auf ein Stück konzentrieren, dass sonst sein Publikum suchen muss. So ähnlich könnten Weltallschwingungen klingen, wenn sie denn klingen würden, und so führte dieses mitternächtliche Schlagstück auch den weiten Weg von den Weltallschwingungen zu den komplexen musikalischen Verdichtungen etwa in Beethovens „Prometheus“-Ouvertüre vor Ohren. kawe