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kunstraumStürmische Landschaften

Auseinandersetzungen mit Hercules Seghers von Pascual Jordan und Ulrike Kegler Foto: Courtesy the artists

„Vor ca. eineinhalb Jahren brachte ich ein kleines Tafelbild nach Rom, um es dort restaurieren zu lassen“, schreibt Pascual Jordan, Künstler und Leiter des Kunstvereins Werkstattgalerie e. V. zur neuen Ausstellung „Guckmalrichtighin“. Wiederhergestellt entwickelte das Bild große Strahlkraft, womit sich die Zuschreibung „Stürmische Landschaft“ von Hercules Seghers (ca. 1590–1638) durch Wilhelm von Bode erklärt, der eine Schlüsselrolle bei dessen Wiederentdeckung als bedeutendem Künstler der niederländischen Kunstgeschichte spielte.

Für Jordan begann damit das Abenteuer der Provenienzforschung, der bildgebenden Untersuchungen und der Pigmentanalysen. Die Erkundung des Narrativs stellte sich freilich als das noch viel größere Abenteuer heraus, da Jordan und seine Mitstreiterin Ulrike Kegler auf die Idee kamen, die Forschung malerisch anzugehen, in der mimetischen Auseinandersetzung mit einem Ausschnitt der „Stürmischen Landschaft“.

Hercules Pieterszoon Seghers Karriere verläuft parallel zum Aufkommen des sogenannten Goldenen Zeitalters, das mit dem 12-jährigen Waffenstillstand im 80-jährigen Krieg mit Spanien eingeleitet wurde. Allerdings flammten die kriegerischen Auseinandersetzungen 1621 wieder auf, was seine Spuren in der „Stürmischen Landschaft“ hinterlässt, die Maastricht zeigt. Jordan und Kegler kommen also in ihrer malerischen Vertiefung in einen Bildausschnitt am rechten Bildrand, der den Himmel über einem Berg zeigt, allerlei Gespenstern auf die Spur. Die noch immer unruhigen Seelen der Toten scheinen sich als sinnestäuschende Fratzen und Schemen in den Wolken zu tummeln. Auch am Boden ist die Erde nur eine dünne Decke über den toten Körpern der Kämpfenden.

Hercules Seghers war ein Artist’s Artist. Und noch immer provoziert sein Werk das künstlerische Experiment wie jetzt die Konzeptmalerei von Jordan und Kegler. Das richtige Hinschauen umfasst Farbstudien, in Ölkreide oder als Gouache ausgeführte Skizzen der in den Wolken aufgespürten Tiergesichter, die Wolken selbst und die je eigene Version der stürmischen Landschaft.

Pascual Jordan und Ulrike Kegler: Guckmal­richtighin. Werkstatt­galerie, bis 19. 6., Mi.–Fr. 15–19 Uhr, Eisenacherstr. 6Die Kolumne: taz.de/tazplan

Brigitte Werneburg

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