kunstraum: Verschwenderisch am Himmel
Tatsächlich stammen die Instrumente und Methoden des Feuerwerks aus dem Krieg, wie gelehrte Traktate zur „Pirotechnia“ (Venedig 1540) oder zur „Kriegs- und Archeley Kunst“ (Frankfurt am Main 1620) in der Ausstellung „Durchgeknallt und Abgebrannt. Feuerwerkskünste aus fünf Jahrhunderten“ belegen, die derzeit in der Kunstbibliothek im Kulturforum zu sehen ist. Da sich mit Schwarzpulver aber nicht nur Munition verschießen, sondern auch ein überraschend schöner, feuriger Funkenregen erzeugen ließ, verbanden sich im Barock die naturwissenschaftlichen Disziplinen Chemie, Physik und Mathematik mit den schönen Künsten wie Architektur, Bildende Kunst, Theater und Musik, um diese menschengemachte Himmelserscheinung als zweckfreie Feuerwerkskunst zu gestalten.
Die verblüffende Vielzahl historischer Stiche von verschwenderischen Festen mit Feuerwerk aus der Zeit von 1587 (Dieter Graminäus, Fürstliche Hochzeit, 16. Juni 1585, Köln) bis 1806 (Louis Le Coeur, Krönung Kaiser Napoleons I. und Joséphine des Beauharnais, 16. Dezember 1804), beziehungsweise 1933, als Willy Römer das Feuerwerk der Nazis zum 1. Mai fotografierte, hatte Maren Wienigk, Leiterin in der Ornamentstichsammlung der Kunstbibliothek, auf die Idee gebracht, nicht nur die eigenen, sondern auch die anderen Sammlungsbestände der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für eine Ausstellung zu sichten.
Bei rauschenden Festen an den Höfen von Versailles und Dresden wurden eigens errichtete Burgen abgebrannt und künstliche Berge in die Luft gesprengt. Die Leidenschaft fürs Feuerwerk teilte auch eine wohlhabende östliche Hauptstadt in der Edo-Zeit, wie es auf dem Farbholzschnitt von Utagawa Kunisada heißt, der ein Fest am Fluss an der Ryōgoku-Brücke zeigt. Das Problem, mit dem all diese Darstellungen zu kämpfen haben, nämlich all die einzelnen, flüchtigen Figuren des Feuerwerks einzufangen, hat dann Michael Wesely mit seiner Langzeitbelichtung gelöst. Bei ihm sehen wir die ganze Silvesternacht 2017 in Rio de Janeiro. Brigitte Werneburg
„Durchgeknallt und abgebrannt: Feuerwerkskünste aus fünf Jahrhunderten“. Kulturforum, Matthäikirchplatz, bis 9. 2., Di.–So. 10–18 Uhr, Mi. 10–20 Uhr; mit Begleitprogramm, u. a. 30. 11., 19 Uhr: Drohnenshow am Kulturforum, im Rahmen des Thementages der Deutschen Umwelthilfe
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