kummerkasten:
In der Cafeteria der New School for Social Research in Manhattan sitzt ein grobschlächtiger Mann mit Rauschebart; vor ihm ein Wirrwarr von Notizzetteln und Vorlesungsaufzeichnungen. Er wiegt sich wie im Gebet und wiederholt ständig den Satz: „Das Begehren ist immer das Begehren des Anderen.“ Dann ruft er laut: „Ich ist ein Anderer.“ Ein paar Studenten schauen erschrocken auf.
Entschuldigung, aber sind Sie nicht Slavoj Zizek, der berühmte slowenische Feuilletonist und Psychoanalytiker?
Ich heiße Schischek, nicht Tzitzek, okay.
Die slowenischen Kicker sind ja wohl draußen, Herr Professor.
Sie hätten auf meinen Rat hören sollen: Schütze mich vor
SLAVOJ ZIZEK: „Kein Volk von Knechten“ FOTO: ARCHIV
dem, was ich will.
Was wollten die denn?
Einen weiteren Blutsturz in der anämischen liberalen Fußballkultur.
Das nimmt Ihnen niemand ab!
Was der Fußball braucht, ist der Rhythmus der Steppe, das Kreischen von Autohupen, das Knattern von Maschinen, das Knirschen von Rädern, das Hämmern von Stahl.
Die Wiederkehr des Verdrängten, vielleicht?
Genau, das kraftlose Westeuropa verdrängt auf Teufel komm raus, und uns treffen die verdammten Projektionen.
Deswegen spielte Ihr Team also recht beachtlich.
Wissen Sie, zuerst ging es darum, einen gewissen Emir Kusturica zu widerlegen, der meint, die Slowenen seien ein Volk von Knechten.
Und? Gelungen?
Wir haben gezeigt, dass wir aus dem Teufelskreis entfremdeten Begehrens postmodern ausbrechen können – wenn wir nur wollen. Zum Beispiel gegen unsere balkanesischen Freunde.
Herr Zizek, vielen Dank für das Gespräch. INTERVIEW:
MARKUS VÖLKER
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