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Archiv-Artikel

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Der Luisenstädtische Kanal verband einst die Spree in einem Bogen über das heutige Engelbecken mit dem Kreuzberger Urbanhafen. Sieben Jahrzehnte nach seiner Fertigstellung durch Peter Joseph Lenné 1852 wurde er aufgrund mangelnder Fließgeschwindigkeit zugeschüttet und 1926 nach Plänen des Gartenarchitekten Erwin Barth zu einem Grünzug preußischer Manier umgestaltet. 1986 gestaltete der Künstler Wiegand Witting auf dem Westberliner Abschnitt eine Anlage mit unregelmäßig behauenen Granitblöcken. Am Oranienplatz stellte er den „Drachenbrunnen“ auf.

Nachdem der Kreuzberger Teil in das Förderprogramm für städtebaulichen Denkmalschutz einbezogen worden war, entschied man sich für eine Sanierung des ehemaligen Kanals. Der Planungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellte dafür seit 2005 dem „Bürgerverein Luisenstadt e. V.“ finanzielle Mittel zur Organisation einer Bürgerbeteiligung zur Verfügung.

Doch „das waren noch andere Zeiten, und jetzt sind wieder andere Zeiten“, wie die parteilose Baustadträtin des Bezirks, Jutta Kalepky, einer aufgebrachten Gruppe von Bürgern vergangene Woche bei einer Ortsbegehung erklärte. Kurz zuvor war der ursprünglich in Mitte gegründete „Bürgerverein Luisenstadt“ aus dem Verfahren ausgestiegen. Neben offenem Rassismus gegenüber Türken hatten Anwohner ihm vor allem vorgeworfen, keine ausreichende Öffentlichkeitsarbeit gemacht und Anwohnerbeteiligung sogar verhindert zu haben. Viele Bürger hatten nie Einladungen zu Gesprächen erhalten.

Ein Planungsbüro hatte zuvor für den einstigen Kanal Bestandsanalysen auf Basis alter Planstände erstellt, die als Grundlage für eine bürgerbeteiligte Maßnahme dienen sollten. Archäologische Grabungen hatten dann alte Treppenanlagen und Aufmauerungen zutage gefördert, die „zur Rekonstruktion verpflichten“, sagt Kalepky. „So ein Fund ist natürlich eine Verlockung für die Denkmalschützer, eine richtige Schatzkiste.“

So ging man schon in der ersten Verfahrensphase von einer Wiederherstellung einer abgesenkten Gartenanlage aus, die dem „Grundgedanken der Barth’schen Planung folgen sollte“. 2006 kam dann sogar Georg Friedrich Prinz von Preußen, um sich einen „Eindruck über die Probleme bei der Sanierung des Kanals und seines Umfeldes zu verschaffen“, wie es im Hause Hohenzollern dazu heißt.

Unter einem von der Bürgerininitiative „Bäume für Kreuzberg“ angebrachten Transparent sprach die Stadträtin nun über „Sichtachsen“, „Symmetrie“ und „Leitbilder“. „Uns gefällt die Anlage aber, wie sie ist“, wandten dagegen Anwohner ein, die sich mit höchst unterschiedlichen Motiven, aber einem Ziel zusammengefunden hatten: die historisierende und sauteure Sanierung des Grünzugs zu verhindern, der bereits auf Grundlage eines fragwürdigen Baumgutachtens mehrere Pappeln zum Opfer fielen.

„Sollen wir preußisch diszipliniert werden?“, fragten die Anwohner rhetorisch und sprachen von einer „Diktatur der freien Sichtachsen“. Das fand Frau Kalepky anarchisch und erinnerte an die militante „Kiez-Miliz“, die hier 1988 den Bürgerwillen nachträglich eingeführt habe und die Böschungsmauern der letzten Gestaltung einfach umriss.

„Wir wollen, dass hier Klartext geredet wird“, forderten die Bürger – und stellten die Frage nach dem tatsächlichen Stand der Planung. „Wir stimmen doch gerade einen Teil mit Ihnen ab“, entgegnete die Baustadträtin. Der winzige Plan, den sie dabeihat, war dann aber nicht aktuell. Aber er zeigte doch wenigstens, dass eine Rampe zur Erschließung der 1,90 Meter abgesenkten Grünanlage vorgesehen ist. Für Behinderte „oder Mütter mit Kinderwagen“. „Als Frau trau ich mich nachts aber nicht durch eine abgesenkte Anlage“, sagte darauf eine Dame. „Na ja“, entgegnet ihr die Stadträtin, „unter dem Aspekt Gender könnte man das noch mal diskutieren.“ ANTONIA HERRSCHER