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Archiv-Artikel

kommentar Die Herzog-Kommission der CDU darf nicht auf eigene Ideen kommen

Es ist ein Produkt, wie es nur die Wichtigkeitsindustrie herstellen kann – vollkommen nutzlos. Konkret: Exbundespräsident Roman Herzog und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer traten gestern vor die Medien. Zu verkaufen hatten sie einen „Zwischenbericht“ der Herzog-Kommission für Sozialreformen.

 Von diesem Gremium war in letzter Zeit erstaunlich wenig zu hören. Erstaunlich deswegen, weil sich jede andere Kommission durch permanente Indiskretionen bei der Öffentlichkeit meldet. Ob es die Rürup-Kommission für Sozialreformen ist oder aber die Kommission für Gemeindefinanzen, die gestern erneut ergebnislos tagte: Stets versuchen die zerstrittenen Teilnehmer, die eigene Position zu stärken, indem sie die öffentliche Meinung auf ihre Seite ziehen. Nicht so bei der Herzog-Kommission. Dort herrscht anscheinend so große Eintracht, dass die Mitglieder mit der Ware „Geheimnis“ nicht öffentlich handeln müssen. Sie leisten es sich, zu schweigen, bis der „Zwischenbericht“ vorliegt.

 Diese Diskretion ist nicht erstaunlich. Erstens: Bei Herzogs kennt man sich seit Jahrzehnten und steht sich nahe. Alle Mitglieder des Gremiums gehören der Union an oder sympathisieren mit ihr. Wie anders geht es da etwa bei der Rürup-Kommission zu, wo sich unter anderem Gewerkschaften, Verbraucherschützer und Arbeitgeber gegenübersitzen. Zweitens, wichtiger: Die Herzog-Kommission hat nichts zu sagen in der Union. Sie hat eher dekorative Funktion.

 Das zeigt sich bei den Themen und der Reihenfolge von Unionsauftritten. Gestern stellte die Herzog-Kommission vor, wie sie bei der Arbeitslosenversicherung zu sparen gedenkt. Doch kein Vorschlag konnte überraschen, denn sehr Ähnliches hatten CSU-Chef Edmund Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel gerade erst verkündet. Umgekehrt hätte man gern Näheres zur Gesundheitsreform gewusst, schließlich ist dies das brandaktuelle Thema der letzten Tage. Doch dazu schwieg die Herzog-Kommission – wie schon Stoiber und Merkel. Aus gutem Grund: Da ist sich die Union nicht einig.

 Nun lässt sich verstehen, dass Merkel und Stoiber nicht eine Kommission gründen, um den parteiinternen Streit zu vermehren – sondern sich ein Gremium schaffen, das politische Entscheidungen nachträglich zur angeblichen Expertenmeinung weiht. Der Ruck-Rede des Bundespräsidenten Herzog soll eine Ruck-Kommission des Expräsidenten folgen. Aber wenn dieses Kalkül auch nur eine minimale Chance haben soll, dann wird die Parteispitze wenigstens einige originelle Ideen zulassen müssen.

ULRIKE HERRMANN

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