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Archiv-Artikel

kommentar Chichi-Show in Frankreich – das Richtige tun aus falschen Gründen

Die Kampagne in Frankreich für oder gegen die EU-Verfassung hat gerade erst begonnen. Sechs Wochen müssten ausreichen, um den Text bekannt zu machen, die Schwachstellen aufzuzeigen und die Vorteile gegenüber dem jetzt geltenden Vertrag von Nizza zu messen. In dieser Zeitspanne müsste sich zumindest die große Gruppe derer, die aus Unwissenheit und Unsicherheit nein sagen wollen, dezimieren lassen.

Staatspräsident Chirac ließ sich zum Startschuss für seine Werbetour am Donnerstagabend im französischen Fernsehen von Jugendlichen umrahmen. Immerhin die Hälfte der Studiogäste gab an, den Inhalt der Verfassung nicht zu kennen und deshalb dagegen stimmen zu wollen. Nach zwei Stunden Chichi-Show waren sie auch nicht besser informiert, was keinen überrascht. Viel schlimmer ist, dass auch bei Veranstaltungen von linken Verfassungsbefürwortern inhaltlich wenig herauskommt.

Die Franzosen sind derzeit so sehr mit innenpolitischen Sorgen und Ärgernissen beschäftigt, dass alle, die auf der Rechten die nationale Karte spielen oder auf der Linken allein Brüssel für Neoliberalismus und Sozialabbau verantwortlich machen, leichtes Spiel haben. Da bleibt kein öffentlicher Raum, um die Vorteile der Verfassung gegenüber den Nachteilen abzuwägen. Deshalb werden auch in sechs Wochen viele Wähler unverändert überzeugt sein, die Verfassung fördere Sozialdumping und Arbeitslosigkeit. Frankreich verliere seine außenpolitische Souveränität und müsse sich am nächsten Irakkrieg gegen seinen Willen beteiligen.

Da besteht auch keine Chance, die Folgen eines Neins ohne Polemik aufzuzeigen. Deshalb werden sich auch in sechs Wochen noch viele Franzosen der Illusion hingeben, ihr Nein könne zu einem historischen Qualitätssprung führen. Eine Neugründung der Union im kleinen Kreis unter sozialistischen Rahmenbedingungen stehe bei einem Sieg der Verfassungsgegner unmittelbar bevor. Bleibt als einzige Hoffnung, dass die Franzosen aus den falschen Gründen das Richtige tun. Die Agrarmilliarden aus Brüssel könnten sie nach einer Ablehnung der Verfassung vergessen, hat Chichi Donnerstagabend gedroht. Und der Vormarsch der Angelsachsen diesseits und jenseits des Atlantiks sei dann auch nicht mehr aufzuhalten. Damit dürfte er zumindest die Landwirte und die Nato-Gegner auf seine Seite gebracht haben. Und die immerhin sind eine Mehrheit, auf die man in Frankreich zählen kann.

Daniela Weingärtner

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