kommentar : Goleo und die Pressefreiheit
Weil sich die Fifa Wort-Marken hat schützen lassen, soll die Presse nicht mehr einfach WM schreiben dürfen. Ist das schon Zensur?
„Deutschland verliert das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006“. Wenn die Zeitungen am 10. Juni mit dieser Schlagzeile aufmachen, haben die Marketing-Strategen der Fifa einen guten Job gemacht. Wenn in den Artikeln der Austragungsort dann noch korrekt mit „Fifa WM Stadion München“ benannt ist, können sie beruhigt einen Spaziergang durch den Englischen Garten machen. Dort, unweit des Stadions, das zur WM nicht „Allianz-Arena“ heißen darf, residiert die Fifa Marketing & TV Deutschland GmbH. Die hat sich Richtlinien für die WM-Berichterstattung ausgedacht, die fast an Zensur grenzen.
So schreibt die Fifa genauestens vor, mit welchen Wörtern Medien über die WM berichten dürfen. Wort-Marken wie „Fifa Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006“ hat sie sich schützen lassen und RedakteurInnen aufgefordert, die Marken in ihren Artikeln nur in der vorgeschriebenen Weise zu verwenden. Erlaubt sind nur Bezeichnungen mit den Bestandteilen „FIFA“, der Jahreszahl 2006 und dem Trademark-Zeichen – das einfache „WM“ reicht der Fifa nicht. „Die Marken müssen korrekt und in genauer Übereinstimmung mit den grafischen Richtlinien der FIFA verwendet werden“, heißt es in den Medienrichtlinien (www.fifa.com).
Gegen diese Richtlinien regt sich Widerstand. „Mit solchen Fesseln kann doch keine Redaktion arbeiten“, sagte Dietmar Wolff, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), am Freitag der Netzeitung. „Die Vorgabe halte ich auch rechtlich nicht für haltbar – zumindest für den redaktionellen Teil.“ Die Fifa will zudem bei der Online-Berichterstattung und der Fotogestaltung mitbestimmen: Online-Berichte sollen nur zeitverzögert publiziert werden dürfen und Zeitungsfotos dürften nicht mit Text überschrieben werden. Und natürlich sind auch von Maskottchen Goleo und dem WM-Logo nur offizielle Versionen erlaubt. Das Magazin media & marketing veröffentlichte kürzlich bereits einen Vorschlag für ein inoffizielles WM-Logo, das kosten- und bedingungslos verwendbar wäre.
Bis Ende Februar will der BDZV laut Wolff mit der Fifa verhandeln. Die täte gut daran, ihre Regulierungswut zu überdenken. Ansonsten hätte die WM-Berichterstattung bei den Zeitungslesern bereits vor dem Eröffnungsspiel verloren. Wegen Unlesbarkeit. Michael Aust