kommentar: schröders erzwungenes solo : NRW entscheidet Kanzlers Schicksal
Wenn Kanzler Gerd Schröder (SPD) nicht mehr in der Lage ist, seine Politik seiner Partei zu vermitteln, ist er gescheitert. Genauso wie Helmut Schmidt, dem es Anfang der 1980er nicht gelang, seine Nachrüstungslinie zu vermitteln.
Nun hat der aus Nordrhein-Westfalen stammende Franz Müntefering die Aufgabe, für den Reformkurs auch Mehrheiten in der SPD zu organisieren. Seine hartnäckige, biestige aber doch leutverbundene Art wird ihm nützen. Wie auch seine Bedeutung in der NRW-SPD, der nervösen Herzkammer der Partei: Angstvoll schauen die GenossInnen auf das Näherrücken der Kommunalwahlen im Herbst.
Es waren nicht zuletzt die NRW-SozialdemokratInnen, die den Kanzler jetzt in Zugzwang brachten. Seinen Generalsekretär Olaf Scholz ließen sie bei Parteiveranstaltungen im Ruhrgebiet durchfallen. Der Hamburger Reform-Vordenker konnte hier nicht landen. Logisch, dass bei seiner Nachfolge jetzt Namen von NRW-Spitzengenossen ins Spiel gebracht werden.
Ohne eine zufriedene SPD in NRW ist eben keine sozialdemokratische Republik zu regieren. Schröder trat als Parteichef zurück, die Partei sucht einen neuen Kurs zwischen Reform und Volkswillen – auch weil es die SPDler an Rhein und Ruhr so wollten. CHRISTOPH SCHURIAN