kommentar: koalitionsvereinbarung : Keine geistig-moralische Wende
Es hatte bereits den Sound einer Regierungserklärung, als Jürgen Rüttgers (CDU) gestern die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen vorstellte. Die Opposition in NRW und auch der designierte Ministerpräsident hatten ja lange Jahre Zeit, sich auf den Wechsel in Düsseldorf vorzubereiten. Und so gingen die Verhandlungen geräuscharm und schnell über die Bühne. Die Koalitionsvereinbarungen zeigen noch einmal, warum Grüne und SPD gegen CDU und FDP verloren haben.
Mit einem Lagerwahlkampf hatte die scheidende Landesregierung versucht, CDU/FDP aus der Reserve zu locken und dem Wähler Angst vor sozialer Kälte und einem Rechtsruck zu machen. Die Wirklichkeit zeigt nun: Die neue Regierung hat ein landespolitisches Paket geschnürt, das keine geistig-moralische Wende ist. Selbst die grüne Oppositionschefin fand gestern im Konzept der neuen Landesregierung sogar Lichtblicke.
So ist der Ausstieg aus den Steinkohlesubventionen zwar für die Traditionalisten in der SPD ein Paukenschlag, den sie betrauern und mit überzogenen Arbeitsplatzvernichtungsszenarien belegen. Doch waren die Kürzungen lange Mehrheitsmeinung im Land und überfällig. Dass sie erst nach drei Jahren wirksam werden können und bis dahin auch noch einmal auf Bundesebene verhandelt wird, wird das Lamento der Bergbaulobby bald dämpfen.
Auch die große Verwaltungsreform mit drei Regionalpräsidien und die Aufwertung des Ruhrgebiets als Planungseinheit ist so eine überfällige Entscheidung. Und glaubt man den Versprechungen zum Ausbau des Kulturetats und der Erhöhung der Mittel für Jugendarbeit sind auch das Entscheidungen, die in eine richtige Richtung weisen.
Es sind die Detailfragen, die den schwarz-gelben Plan zum Problem machen: Flughäfen werden trotz Umweltbelastung nur noch als „Jobmaschinen“ bezeichnet. Das mühsam durchgesetzte Antikorruptionsgesetz soll überprüft werden und wird damit gewiss verwässert. Beim Straßenbau sollen Umweltprüfungen lascher ausfallen. Da droht ein industriepolitischer Rollback.
CHRISTOPH SCHURIAN