komische werbeveranstaltungen etc.: Mit dem „Satt durch die Nacht“-Bus durch den Tag
Football ist unser Leben
Es ist schon klasse, mit einem Bus verabredet zu sein; dann noch mit einem, der gegen den Welthunger kämpft. Kurz vor drei Uhr stehe ich vorm Jahnstadion und warte auf den „Satt durch die Nacht“-Bus von Burger King. Der rote Doppeldecker mit abgesägtem Verdeck kommt aus Spandau und soll mich umsonst zu einem Spiel der Footballmannschaft Berlin Thunders bringen.
Auf dem Oberdeck sitzen Spandauer Bürger, die voll sind mit Burgern, Flying Horse und Holsten Pils. Die verlassen nun langsam den Bus, bekommen von der jungen Frau im orangen T-Shirt jeweils ein oranges „Berlin Thunders“-Bändchen umgehängt. Die Gewinner der Busreise strömen langsam aufs Gelände. Leider sind es noch mehr als drei Stunden bis zum eigentlichen Spielbeginn. Die werden überbrückt mit donnerlautem Werbegelage, der „Powerparty“. Glänzende Skodas stehen im Weg rum, der Berliner Kurier verteilt Traubenzucker – immerhin müssen die Zuschauer durchhalten bis zum Spielende um 21 Uhr.
Das Schönste aber: „Den ‚Gesicht zeigen!‘-Kalender können Sie am Info-Point erwerben.“ Dazu wird drei Stunden später der grüne Hans Dampf aller Power Partys, Rezzo Schlauch, eine wichtige Durchsage im Stadion machen: „Football ist uns ein Vorbild“.
Die Leute von der Agentur „die reception“ wollen mir unbedingt den „satten Sound“ im Bus demonstrieren. Seit seiner Taufe vor 10 Tagen heißt der Doppeldecker „Satt der Erste“. Er wurde mit typisch rotbraunen Burger-King-Kunstlederbänken und Alutischchen eingerichtet und war sogar schon beim Jimi-Tenor-Konzert imMaria.
„Und, wie fährt der sich so?“, frage ich den BVG-Busfahrer. „Wie jeder andere Bus auch. Nur die Leute meckern weniger.“ Was soll man auch meckern? Obwohl ich ja die Auswahl zwischen Bier und Gummibärchendrink ein wenig mager finde. Zu essen gibt’s im Bus auch nur eine Notration Taco-Salattaschen.
Das Stadion selbst öffnet erst kurz vor 17 Uhr. Der Bus steht nun direkt neben dem Lkw mit der mobilen Anzeigentafel gut sichtbar über der Stadion-Nordkurve. Zwischendurch konnten wir noch an einem Burger-King-Wettessen teilnehmen und versuchen, die General Manager der beiden Football-Clubs wie Schießbudenfiguren vom „Dunk Tank“ ins Wasser zu befördern. Merkwürdiger Tag.
Die Sonne knallt einem auf den Kopf, die Flutlichtanlage leuchtet volle Kraft, und wir sitzen mit einer Plastikflasche voll Holsten auf der gelb-rot-grünen Tribüne, die einem mit jedem Schluck bunter vorkommt. Schon wieder geht der Krach los. „In Frankfurt kommen viel mehr Fans, und es ist noch viel lauter im Stadion“, erzählt einer. Endlich rennen auch die Cheerleaders aufs Feld und wedeln mit all ihren Körperteilen. Im Bus sind zwar nur noch gut die Hälfte der Gewinner, die mittags in Spandau den Mach-satt-Tag begonnen haben. Trotzdem ist der Nachschub mit kühlem Flying Horse und Holsten gefährdet – der kleine Kühlschrank kann den Nachschub nicht so schnell kalt machen, wie er sollte. Und es sind noch drei Stunden bis zur After-Party in Axel Kruse’s Sports Bar.
ANDREAS BECKER
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