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kinotipp der wocheGanz im Hier und Jetzt

Die Soundwatch Bonus Tracks präsentieren Hiroki Manos Dokumentarfilm über den Improvisationskünstler Tristan Honsinger

Der dünne, alte Mann, der seinen verbeulten Cellokoffer über Berliner Kopfsteinpflaster schleppt, um mal wieder in einem kleinen Club einen Gig zu spielen, ist eine Legende. Warum er das ist, das lässt sich in Hiroki Manos Portrait über den Improvisationsmusiker Tristan Honsinger allerdings nur erahnen. Die Regisseurin, die selbst Jahre lang mit dem Cellisten als Performerin zusammengearbeitet hat, bleibt in „Time and Space with Tristan“ ganz im Hier und Jetzt. Dass er bekannt wurde durch Zusammenarbeiten mit Improvisationsgrößen wie Derek Bailey und Cecil Taylor, dass er auf frühen Stücken der bahnbrechenden Postpunkband The Pop Group zu hören ist, das alles kommt hier nicht zur Sprache.

Soundwatch Music Film Festival Berlin presents Soundwatch Bonus Tracks: „Time and Space with Tristan“, Lichtblick Kino, Sa., 29. 3., 18 Uhr, OmeU, Gast: Hiroki Mano

Hiroki Mano geht es eher darum, einen Kollegen bei der Arbeit und als Mensch im Privaten zu beobachten, um ihm dadurch Respekt vor seiner Lebensleistung zu zeugen. Denn als mit dem Dreh begonnen wurde, war bereits klar, dass Honsinger wegen einer Krankheit nicht mehr lange leben würde. Aufnahmen, die ihn im Berliner Club Sowieso und auf dem Jazzfestival A l’Arme! zeigen, gehören somit zu seinen letzten. Die Improv-Szene, in der er sich in Berlin bewegte, ist klein und überschaubar, auch wenn sie eine der vitalsten der Welt ist. Es geht familiär zu, niemand ist der Star, auch Honsinger nicht. Und genau so, dieses Gefühl vermittelt er einem im Film, möchte er es auch. Das große Miteinander soll zählen und weniger der einzelne. Freie Improvisation ist eben auch eine weltanschauliche und philosophische Sache.

Andreas Hartmann

„Time and Space with Tristan“ (Hiroki Mano, DE 2024) Foto: Schorle

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