kanzler-u-bahn : Der Schwachsinn geht weiter
Es war ein messbares Aufatmen, das durch das Berliner Abgeordnetenhaus ging, als der rot-grüne Übergangssenat im Juni 2001 den Weiterbau der U 5 stoppte. Dass Berlin alles braucht, nur keine Kanzler-U-Bahn, hatte einige Monate zuvor selbst der großen Koalition geschwant. Auch sie hatte den Bau der Linie zwischen Lehrter Bahnhof und Alexanderplatz aufs Abstellgleis geschoben. Kein Wunder, fährt parallel zur neuen Strecke doch die S-Bahn.
KOMMENTAR VON UWE RADA
Doch Vernunft ist, trotz der derzeitigen Kant-Feiern, kein allzu verlässlicher Partner in der Politik. Das gilt nicht nur für die Berliner CDU, die, kaum in der Opposition, wieder den Weiterbau der U 5 fordert. Auch der Bundestag machte Druck auf Berlin und drohte, die bereits verbauten Millionen vom klammen Land zurückzufordern.
Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, der an Schwachsinnigkeit kaum zu überbieten ist. Ab 2010 soll Berlin mit dem Weiterbau der sinnlosen U-Bahn beginnen, 2020 soll sie fertig gestellt sein. Als hätte es noch eines Argumentes für die ablehnende Haltung Brandenburgs zur Länderfusion bedurft: Hier ist es. Oder glaubt etwa ernsthaft jemand daran, dass das Land zwischen 2010 und 2020 wieder mit den Millionen um sich werfen kann?
Das Gleiche allerdings gilt auch für den Bund, der den Großteil der 665 Millionen Euro teuren Linie übernehmen soll. Es ist deshalb richtig, wenn die Grünen fordern, durch den bereits fertig gestellten Tunnelstummel zwischen Reichstag und Lehrter Bahnhof bis 2010 nicht nur eine Pendel-U-Bahn fahren zu lassen, sondern auch eine S-Bahn-Verbindung zwischen Potsdamer Platz und Lehrter Bahnhof herzustellen. Die Zustimmung zur Verlängerung des Schwachsinns aber rechtfertigt auch das nicht.