kabinenpredigt : Ein neues Heim für Hertha BSC
Nun wurde es also offiziell: Hertha BSC möchte ein neues Stadion, eine reine Fußballarena, und wird dazu in Kürze eine „Machbarkeitsstudie“ in Auftrag geben.
Ein hübsches Wortgetüm und die Machbarkeitsstudienanbieter werden sicher längst ihre Angebote an Hertha geschickt haben. Und schon werden auch mögliche Standorte ins Gespräch gebracht: Dreilinden, das Autobahndreieck Oranienburg, Tegel oder Tempelhof. Im Berliner Zeitungswäldchen herrscht erstaunliche Einigkeit über die Berechtigung dieser Überlegungen, in mir nicht.
Einerseits – die ganzen Argumente, die gegen das „Olympi“ sprechen: die blaue Laufbahn, die das Spielfeld weit wegrückt von den Fans, die flache Tribüne, die Größe des Stadions. Außerdem soll der älter werdenden Bevölkerung Genüge getan und das neue Stadion seniorengerechter gebaut werden.
Da böte sich Evelyn Brandt als Sponsorin an, die macht ja Mode für die Seniorin und mit einem „Evelyn-Arena“ wären zwei Klappen mit einer Fliege besetzt: Frauen und Alte.
Andererseits: die Vorstellung eines neuen Stadions, zum Beispiel auf dem Platz des ehemaligen Grenzübergangs, mitten im Nirgendwo. Da kann man Hertha BSC auch gleich komplett nach Brandenburg outsourcen. Vielleicht sogar die eleganteste Lösung von allen. Nur haben Brandenburger, genau wie Ostberliner, halt so gar kein Interesse an Hertha.
Oder auf dem Tempelhofer Flughafengelände: inmitten der im kürzlich veröffentlichten Flächennutzungsplan gekennzeichneten Fläche für eine Schafherde? Ich weiß nicht, ob es das wirklich bringt.
Ganz abgesehen von der Tatsache, dass die mangelnde Euphorie im Olympiastadion auch mit der oft völlig mangelhaften Attraktivität der Spiele zu tun hat. So mittelmäßig wie die Spiele sind eben auch die Zuschauerzahlen. Davon ist kein Wort zu hören.
Ebenso wenig davon, dass Hertha ja ein eigenes Stadion hatte. Und was haben sie damit gemacht? Verkauft, um damit die Kosten aus ihrem Bundesligabetrug 1971 zu begleichen. Auch lese ich nichts von der zwischen Arroganz und Dilettantismus schwankenden Öffentlichkeitsarbeit des Vereins.
Doch den größten Fehler sehe ich im Vergleich mit anderen neuen Stadien, wie in Hamburg und München. Dort hätte es mit den Neubauten schließlich auch gut funktioniert, mehr Zuschauer würden seitdem kommen, argumentiert Hertha. Hallo? Seit wann kann man denn München mit Berlin vergleichen? Da werden doch Äpfel mit Birnen geklont.
Wer sich darauf einlässt, kann nur verlieren, vergisst er doch sämtliche Berliner Gegenargumente. Die da wären: Nö, Hertha interessiert ma nicht – und: Imma die da oben – und nicht zuletzt: Sollen die doch erst mal zeigen, dass sie meinen Besuch überhaupt wert sind, Alter. SARAH SCHMIDT