kabinenpredigt : Herbe Fanpost
Von Bertolt Brecht ist der Ausspruch überliefert: „Da sich herausgestellt hat, dass unser Volk eine dumme Hammelherde ist, empfehlen wir der Regierung, sich ein anderes Volk zu wählen.“ Eine bestechende Idee, die ein wenig abgewandelt der Hertha-Führung gut gefallen dürfte. Dann nämlich bliebe dem Verein eine Auseinandersetzung mit seinem so häufig dumm-nörgelnden Publikum erspart.
Ja, Hertha sollte sich seine Fans selbst auswählen. Am besten man entscheidet sich für die Anhänger von St. Pauli. Egal wie hirnlos die Pläne der Vereinsführung ausfallen, egal wie dilettantisch die Vereinskasse geführt wird, egal wie schlecht die Mannschaft spielt – diese Fans kommen immer ins Stadion und sorgen zudem für gute Stimmung.
Bei Hertha dagegen wird selbst nach einem 4:0-Erfolg gepöbelt. Vergangenen Woche nach dem Kantersieg gegen Hannover mussten sich die Profis von ihren eigenen Fans demütigen lassen. Einige der Trikots, die sie den Fans über den Zaun zuwarfen, wurden wütend zurückgeschleudert.
Warum? Viele Fans mögen den goldenen Hahn auf den Heimtrikots nicht, der für eine Saison an die erfolgreichste Hertha-Ära in grauer Vorzeit erinnern soll. Sie wollen das Vereinslogo, die flatternde Hertha Fahne, auf den Spielerhemden sehen. Der Kampf um die Flagge hatte Vorrang vor dem Abfeiern von hohen Siegen.
Die Vereinsführung sieht dem grotesken Treiben seit Mitte vergangener Woche nicht mehr länger tatenlos zu. Auf der Homepage von Hertha präsentiert man Mails von empörten Fans, die dem Klub aus der Seele sprechen. Menschen, die ihre lange Fanmitgliedschaft beschwören, empören sich über die Trikotrückwürfe. Sie unterscheiden zwischen falschen und echten Fans, Idioten und Vernünftigen, pubertierenden Erwachsenen und Erwachsenen. Und einer dieser Fans formuliert einen Satz, aufgrund dessen er wahrscheinlich bald eine Ehrenmitgliedschaft von Hertha angetragen bekommt: „Nicht dafür zu sein, muss ja nicht heißen, dass man gleich aktiv dagegen ist.“ Johannes Kopp