kabarett : Ein Texaner erforscht Kölns Geschichte
Er nennt sich „eine rheinische Seele, gefangen in einem texanischen Körper“. Er ist der Sohn eines Baptistenpredigers aus Amerikas tiefstem Süden und zugleich kölscher Jung mit Diplom – von der „Akademie för uns kölsche Sproch“. Und er ist professioneller Begleiter: In seiner Jugend saß er in Vaters Kirche an der Orgel, heute sitzt er am Klavier und begleitet Kleinkunstgrößen wie Charlotte Rettig oder Duotica. Seit Neuestem begleitet sich Steve Nobles selbst: Im Kölner Atelier-Theater tritt er mit „Heimatabend“ auf, seinem ersten eigenen Soloprogramm. Darin geht es um deutsch-amerikanische Befindlichkeiten im Zeitalter eines George „Trouble-You“ Bush, um die tragikomische Lebenserfahrung eines Immigranten, um die kleinen Unterschiede zwischen Alter und Neuer Welt.
Kennt man das nicht irgendwoher? Gayle Tufts, „Dinglish“ sprechende Berlinerin aus Boston, tourt seit Jahren als deutsch-amerikanische Vorzeige-Comédienne erfolgreich durch die Lande, mit ihr lässt Nobles sich vergleichen. Und man stellt fest: Zusammen wären sie das Traumpaar aus den USA – Jack und Jackie der deutschen Kabarettszene. Einzeln betrachtet fehlt dem Einen oft genau das, was die Andere kann – und umgekehrt.
Steve ist keine Rampensau wie Gayle, kein Vollblut-Entertainer. Seine Conférencen sind (noch?) etwas zu bemüht, seine Plaudereien über die Jacksons, die Waltons und andere amerikanische Familien einen Hauch zu unbeholfen, um vom Stuhl zu reißen. Das kann Gayle besser. Dafür brilliert er auf seinem ureigenen Feld – der Musik. Wo sie eher oberflächlich bleibt, ist Steve angenehm subtil. Und intelligent: Seine Vertonung des Verbundbriefes der Kölner Gaffeln von 1396 – 400 Jahre lang praktisch die Verfassung der Stadt – ist eines von vielen textlichen und kompositorischen Highlights, die vor allem die zweite Hälfte der Show zu einem echten Genuss machen. Hier liebt einer seine beiden Heimaten und macht sich doch über sie lustig – in witzigen und tiefsinnigen Liedern, so dass ein schöner Abend dabei herauskommt. Ein bisschen mehr Gayle zwischendrin wäre gut – dann klappt‘s auch mit dem Plaudern. Holger Möhlmann
Steve Nobles: „Ein R(h)ein texanischer Abend“ – weitere Termine: 7. und 8. Mai, 20.30 Uhr, Ateliertheater, Köln, Roonstr. 78, Tel. 0221/24 24 85