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Archiv-Artikel

israel/palästina Politische Tricks

Schwer bewaffnete Soldaten rücken vor, leicht bewaffnete Guerilla-Kämpfer schießen auf sie. Panzer kommen zum Einsatz, Kinder werfen Steine. Wo ist das? In Falludscha? Ramallah? Kerbela? Gaza? Wer die Bilder auf al-Dschasira sieht, braucht immer ein paar Sekunden, um sicher zu sein, wo das passiert. Die Ähnlichkeiten sind erstaunlich. Auch George W. Bush und Ariel Scharon werden sich immer ähnlicher. Es ist schon beinah eine Symbiose, die man Buscharon nennen könnte. Mit einem kleinen Unterschied: Bush lässt sich als Feldherr fotografieren, Scharon war tatsächlich ein erfolgreicher Heerführer.

KOMMENTAR VON URI AVNERY

Als solcher weiß Scharon, dass ein guter Plan mehrere austauschbare Ziele haben kann. So ist es auch mit dem Plan, den er heute Präsident Bush vorlegt, der auf Hebräisch buchstäblich „einseitig sich selbst loslösen“ heißt. Er will den Gaza-Streifen aufgeben, weil er die 1,2 Millionen palästinensischen Einwohner nicht in Israel haben will. Die 7.500 israelischen Siedler, die dort leben und von einer ganzen Division der israelischen Streitkräfte geschützt werden müssen, will er abziehen. Dafür will er 55 Prozent des Westjordanlandes für immer behalten. Dort leben 200.000 israelische Siedler. Das soll ihm Bush im Prinzip bestätigen. Damit ausgerüstet will Scharon die Mehrheit bei einer internen Abstimmung in seiner Partei gewinnen.

Warum gerade jetzt? Vielleicht, weil Scharon in eine große Korruptionsaffäre verwickelt ist. Der Staatsanwalt soll dieser Tage entscheiden, ob er angeklagt werden soll. Das wäre sein politisches Ende. Aber wird der Staatsanwalt so entscheiden, wenn Scharon gerade im Begriff ist, einen historischen Schritt zu machen? Wird sonst noch etwas dabei herauskommen? Das ist zumindest fraglich. Laut Scharon soll der Rückzug erst nächstes Jahr beginnen – und bei uns ist ein Jahr eine kleine Ewigkeit. Vorläufig jedenfalls werden nicht die geringsten Anstalten dazu gemacht.

Wer wird das Gebiet übernehmen, von dem Scharon sich zurückziehen will? Wer wird dort regieren und die Sicherheit aufrechterhalten? Wer bekommt die menschenleeren Siedlungen? Wie wird die Armee den Widerstand der Siedler und ihrer Bundesgenossen brechen? Bis jetzt gibt es keine Antworten darauf.

Als ich vorgestern Jassir Arafat traf, war er skeptisch. Er glaubt, dass das Ganze ein politischer Trick ist. Wenigstens diese Ansicht teilt er mit vielen Israelis.

Der Autor, 80, lebt in Tel Aviv. 2001 erhielt er den Alternativen Nobelpreis